Der Blick auf die Klassische Moderne ist in Deutschland sehr auf die gebürtigen deutschen Künstler fixiert. Dabei gerät ein wenig in Vergessenheit, dass Berlin gerade in den 1920er-Jahren eine aufregende und in vielerlei Hinsicht liberale Stadt war, insbesondere im Vergleich mit anderen großen Städten Richtung Osten und Südosten. Das lockte auch viele Künstler an, die in ihrer Heimat drangsaliert wurden oder zumindest mit ihrer Kunst isoliert waren. In Berlin fanden sie gleichgesinnte Künstler, interessierte Ausstellungsmacher und ein lernfähiges Mäzenatentum. Der ideale Nährboden für eine schrankenlose Entwicklung. Deutsche und internationale Künstler, darunter als starke Gruppe auch ungarische Künstler, profitierten mit- und voneinander.
Die Berlinische Galerie zeigt nun mit gut 200 Werken aus verschiedenen Sparten (Gemälde, Grafiken, Skulpturen, Fotografien, Filme, Theaterentwürfe und Architekturzeichnungen), welcher Schatz der ungarischen klassischen Moderne in Berlin entstanden ist. So wie Paris und noch früher Italien aus der deutschen Kultur kaum wegzudenken sind, gilt das in dieser aufregenden Zeit zwischen den Weltkriegen auch für Berlin und Ungarn. Die Ausstellung zeigt auf, welche ungarischen Künstler in Berlin lebten und arbeiteten, wer sie dabei unterstützte und welche Verbindungen sie auch zu anderen Künstlern in Berlin hatten. Es war jedoch nur ein kurzes liberales Glimmen in Berlin, dass mit dem Nationalsozialismus zumindest vorerst jäh beendet wurde.
Magyar Modern. Ungarische Kunst in Berlin 1910-1933
4.11.2022 – 6.2.2023
Berlinische Galerie
Alte Jakobstr. 124 – 128
D-10969 Berlin
Tel.: +49-30-78902600
Mo + Mi – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 10 €, erm. 6 €
www.berlinischegalerie.de
Text: Mathias Fritzsche
Bild: Berlinische Galerie
Erstveröffentlichung in kunst:art 88