Seine Werke sind polarisierend und unverwechselbar. Nach Ende des zweiten Weltkriegs gehört Emil Schumacher (1912–1999) zu jenen Künstlern, die ihre innere Haltung und den Drang nach Neuem im künstlerischen Schaffen radikal zum Ausdruck bringen. Für einen echten Neuanfang werden alte Konventionen abgelegt und eine völlig neue Bildsprache gewagt, die nicht mehr viel mit der Vergangenheit zu tun haben möchte. Im grafischen Werk Schumachers, das nun in der Ausstellung „Erprobung der Freiheiten“ in der Villa Haiss gezeigt wird, ist es vor allem die Radierplatte, deren technische Möglichkeiten er durch Kratzen und Farbauftrag in verschiedenster Weise erprobt. Seit 1958 beschäftigte sich Schumacher mit der Radierung und betrieb Materialerkundungen: Die Blätter zeigen kopfähnliche Gebilde, die heftigst zerkratzt sind und in denen der Künstler zuweilen seine Fingerabdrücke hinterließ. Die in die Platten geschnittenen Löcher erscheinen im Druck als Krater mit Verwerfungen, die malträtierten Ränder zeugen in den verbogenen Graten vom Gebrauch der Blechschere. Die Motive, die an Mythisch-Urzeitliches, aber auch an Orte, Pflanzen, Menschen und Tiere erinnern, sind laut Aussage Schumachers meist frei erfunden. „Alles was ist, ist formlos und doch Form“, so Schumacher, der als einer der wichtigsten Vertreter des Informel gilt. Die entfernt angedeuteten Köpfe sind im besten Sinne des Wortes „Kopfgeburten“, sie könnten demnach beides sein oder nichts dergleichen.
Emil Schumacher. Erprobung neuer Freiheiten
bis zum 30.4.2023
Villa Haiss
Am Park 1
D-77736 Zell am Harmersbach
Tel.: +49-7835-549987
Sa + So 14 – 18 Uhr
Eintritt: 5 €, erm. 4 €
www.villahaiss.com
Text: Stefan Simon
Bild: Villa Haiss
Erstveröffentlichung in kunst:art 90