Ernst Ludwig Kirchner in Davos

9.2. – 4.5.2025 I Kirchner Museum Davos

Ernst Ludwig Kirchner, Blonde Frau in rotem Kleid (Bildnis Frau Hembus), 1932

Ohne Rahmen nicht vollständig

Wenn man eine Ausstellung besucht, interessiert man sich in der Regel hauptsächlich für die gezeigten Bilder, selten betrachtet man die Rahmen mit derselben Intensität wie die Kunstwerke. Im Kirchner Museum in Davos kann man in der umfassenden Präsentation „Wiederentdeckt und Wiedervereint“ nun seinen Blick weiten und das harmonische Zusammenspiel von Bild und Rahmen im Werk von Ernst Ludwig Kirchner entdecken.

Die umfassende Ausstellung mit Arbeiten aus frühen und späten Schaffensperioden ist bestückt mit hochkarätigen Leihgaben aus internationalen Museen. Sicherlich ein Höhepunkt ist die großformatige Arbeit „Blonde Frau in rotem Kleid (Bildnis der Frau Hembusch)“ aus dem Jahr 1932. Auffallend bei diesem aus einer Privatsammlung stammenden Werk ist der in den Farben des Bildes ausdrucksstark bemalte Rahmen.

Gestaltet hat der Künstler die Rahmen selbst. In den Anfangsjahren war die Ausführung noch relativ schlicht wie bei dem Gemälde „Kopf mit Pfeife“ aus dem Jahr 1913. Der verwendete einfache Bretterrahmen harmoniert auch hier bereits mit den Farben des Bildes.

Für fast jedes Bild schuf Kirchner einen individuellen Rahmen, dieser war nach seiner Auffassung ein unverzichtbarer Teil des Gesamtkunstwerks. Wichtig war Kirchner auch eine gute handwerkliche Ausführung, für die er zum Teil Zimmerleute beauftragte. Mit der Zeit wurden Kirchners Rahmen profilierter, teilweise waren sie mit aufwendigen Ornamenten versehen. In den 1930er-Jahren kommen französische Einflüsse hinzu.

Widrige Umstände führten bei vielen Bildern zu Ausrahmungen. So konnte in Kriegszeiten die einfache Leinwand leichter und platzsparender in ein Versteck transportiert werden. In den kalten Wintern der Nachkriegszeit wurden die Rahmen aus Not verheizt. Manchmal trafen sie schlichtweg den Geschmack des Sammlers nicht, sodass sie ersetzt wurden.

Kirchners größter Sammler war sein Arzt Dr. Frédéric Bauer. Seine Vorliebe für antike italienische Rahmen brachte Kirchner von seinem eigenen Rahmenbau ab und er verwendete die gewünschten italienischen Rahmen.

Als Ergebnis einer langjährigen Forschungsarbeit präsentiert die Ausstellung nun die Zusammenführung von Bildern und ihren ursprünglichen Rahmen. Anhand zahlreicher Skizzenbücher und Fotografien, die Kirchner von seinen gerahmten Bildern aufgenommen hat, konnten verloren gegangene Rahmen rekonstruiert werden. Besondere Erwähnung verdient an dieser Stelle das Bild „Blick ins Tobel“. Das Gemälde befand sich seit den 1960er-Jahren in der Sammlung der Kunsthalle Bielefeld, der Rahmen wurde im Tiroler Museum Ferdinandeum aufbewahrt. Für die Ausstellung wurden sie wieder vereint.

Wiederentdeckt und Wiedervereint. Rahmen und Bilder von Ernst Ludwig Kirchner
9.2. – 4.5.2025
Kirchner Museum Davos
Promenade 82
CH-7270 Davos
Tel.: +41-81-4106300
Di – So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 15 CHF, erm. 12 CHF
www.kirchnermuseum.ch

Text: Karin Gerwens
Bild: Kirchner Museum Davos
Erstveröffentlichung in kunst:art 101