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30.1. – 10.6.2019 | Sprengel Museum Hannover

Louisa Clement, Avatar 4,2016 (© Louisa Clement)

Sie setzen sich auf einen Stuhl an einen Tisch. Drei Wesen, sie wirken wie gesichtslose und lebensgroße Gliederpuppen für Bewegungsstudien, tauchen auf. Sie bewegen sich, sprechen mit Ihnen und reagieren auf Ihre Fragen und Antworten. Auch untereinander reden sie. Die Wesen unterscheiden sich voneinander, sind individuell im Handeln und Reden. Diese seltsamen Gestalten verhalten sich wie Menschen … Doch sie verschwinden spurlos, sobald Sie Ihre VR-Brille abnehmen. In den letzten Minuten waren Sie ein Teil von „Aporias“ (2019), einem Kunstwerk in der virtuellen Realität (VR).

Louisa Clement (* 1987) hat in Karlsruhe und in Düsseldorf Kunst studiert und war zuletzt Meisterschülerin von Andreas Gursky. 2014 hat sie ihr Studium abgeschlossen, bereits seit 2013 hat sie fast ein Dutzend Stipendien erhalten. Mit ihrer Kunst bewegt sich die junge Künstlerin, die in Bonn und Düsseldorf lebt und arbeitet, virtuos zwischen verschiedenen Medien: Fotografie, Video, Wandarbeiten, Skulpturen und Virtual Reality-Arbeiten. Vor allem mit letzterem ist Louisa Clement in einem Feld künstlerisch tätig, das den meisten Künstlern schon aufgrund ihrer Biografie kaum zugänglich ist.

Die Arbeit mit VR ist für Louisa Clement aber kein Spiel und auch kein Marketingtrick. Inhaltlich geht es ihr um verschiedene Ebenen: Da wäre zuerst die Frage nach dem Bild des Körpers, das sich in Zeiten von Medizin und Technik ständig verändert. Welche Bedeutung hat Körperlichkeit noch in Zeiten von Internet und VR? So bedeutet auch der Name „Aporias“ des eingangs erwähnten Kunstwerks „Aporie“ oder „ein Zustand der Ratlosigkeit“. Und so soll „Aporias“ auch ein Debattenbeitrag zu der Frage sein, wer wir sind in Zeiten der technologischen Revolution. Die inhaltlich zweite Ebene ist also eine politische und philosophische: Was wird die Zukunft des Menschen bringen?

Formal und inhaltlich sind die Arbeiten von Louisa Clement so modern, wie es überhaupt möglich ist. Darüber hinaus zeigt sich, dass die Forderung nach der politischen Kunst heutzutage komplizierter geworden ist. Politische Kunst hat heutzutage nicht automatisch etwas mit Links und Rechts zu tun, sondern kann auch die großen Zukunftsfragen betreffen. Auch eine Positionierung ist nicht unbedingt nötig, denn manchmal bringen einen Fragen oder sogar einfach nur die Visualisierung eines Problems weiter als der erhobene Zeigefinger.

Die Ausstellung im Sprengel wird Louisa Clements erste große Soloausstellung in einem Museum sein. Sie wurde gemeinsam mit dem Ludwig Forum Aachen konzipiert, das bereits VR-Erfahrung hat und dafür mit der RWTH Aachen zusammengearbeitet hat.

Louisa Clement. Remote Control
30.1. – 10.6.2019
Sprengel Museum Hannover
Kurt-Schwitters-Platz
D-30169 Hannover
Tel.: +49-511-16843875
Di 10 – 20 Uhr, Mi – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 7 €, erm. 4 €
www.sprengel-museum.de

 

Autor: Mathias Fritzsche, Bild: Sprengel Museum Hannover
Erstveröffentlichung in kunst:art 65

Über Mathias Fritzsche 117 Artikel
Ein Thema jagt das nächste: Der Wochengipfel hält ein oder zwei Themen fest und bringt sie in Erinnerung. Was war vergangene Woche so wichtig, dass man Schnappatmung bekam und ist diese Woche dennoch schon vergessen? Oder über welche Nachricht hat man sich so gefreut, dass man auf den Balkon ging und die Nachricht für die ganze Welt in den Abendhimmel geschrien hat?