Essen ist Kultur

29.09.2022-27.08.2023 | Dom Museum Wien

Dass Essen mehr ist als eine reine Nahrungsaufnahme, beleuchtet die Gruppenausstellung „Mahlzeit“ im Dommuseum in Wien, in der zahlreiche Arbeiten aus unterschiedlichen Epochen von namhaften Künstlern wie Daniel Spoerri, Franz West, Maria Lassnig und Marina Abramovic ebenso wie Dieter Roth und Albin Egger-Lienz gezeigt werden. Inhaltlich aufgegliedert auf fünf Bereiche wird ein breit gefächertes Spektrum präsentiert, in dem Aspekte aus der Kunstgeschichte ebenso Beachtung finden wie auch aktuelle geopolitische und soziologische Strömungen rund um das Thema Ernährung, wie zum Beispiel die Klimakrise oder der Krieg in der Ukraine.

Gegenüberstellungen von Werken alter Meister und zeitgenössischer Kunst verdeutlichen Unterschiede und Parallelen einzelner Kunstströmungen. Verloren gegangen ist zum Beispiel die Bedeutung der symbolträchtigen Bildsprache des barocken Stilllebens, in der Früchte und andere Lebensmittel auf die Vergänglichkeit alles Schönen hingewiesen haben, während das soziale Miteinander am Esstisch bis in die heutige Zeit in unserer Kultur verankert ist und sofort Assoziationen weckt.

Religiöse Motive prägten bis in das 16. Jahrhundert die Kunstgeschichte. Das letzte Abendmahl Christi als einschneidendes Erlebnis bildet den Auftakt der Ausstellung mit vier besonderen Darstellungen. Als ältestes Beispiel dient ein kleines Tafelbild vom Meister des Friedrichaltars aus dem 15. Jahrhundert, während das Atelier van Lieshout das Thema zeitgenössisch interpretiert. Aus der Reliquienschatzkammer der Domkirche St. Stephan in Wien wird als Leihgabe ein in einem Holzrahmen befindliches Stück Stoff gezeigt, dabei soll es sich um Reste des Tischtuchs handeln, das beim letzten Abendmahl Christi verwendet worden ist.

Gemälde aus dem 17. Jahrhundert wie zum Beispiel „Prunkstillleben“ des holländischen Malers Abraham van Beyeren zeigen die Pracht von reifen Früchten und symbolisieren anhand der Darbietung auf wertvollem Porzellan und kostbarem Tafelsilber Wohlstand und Überfluss vergangener Epochen. Dem gegenübergestellt wird ein Problem, das aktuell vom globalen Norden verursacht wird: Die Verschwendung von Lebensmitteln und die damit einhergehende Ausbeutung von Menschen im globalen Süden.

In seinem Fotoprojekt „One Third“ appelliert der Künstler Klaus Pichler eindringlich, sich der Problematik der ungerechten Verteilung von Nahrung bewusst zu werden, denn laut einer Studie der Vereinten Nationen werden rund ein Drittel der weltweit produzierten Lebensmittel weggeworfen. Pichler arrangiert Lebensmittel kunstvoll wie in einem Stillleben und überlässt sie bewusst dem Verfall. Den Arbeiten des Künstlers obliegt der Reiz des Gegensätzlichen: Sie sind voller Ästhetik und wunderschön anzusehen. Doch das Bewusstsein, dass diese Früchte mit Schimmel überzogen und ungenießbar sind, macht alle Schönheit zunichte.

Mahlzeit
bis zum 27.8.2023
Dom Museum Wien
Stephansplatz 6
A-1010 Wien
Tel.: +43-1-515525300
Mi – So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 20 Uhr
Eintritt: 8 €, erm. 7 €
www.dommuseum.at

Text: Karin Gerwens
Bild: Dom Museum Wien
Erstveröffentlichung in kunst:art 89