Er gehört international zu den erfolgreichsten deutschen Malern der Gegenwart: Neo Rauch. Geboren 1960 in Leipzig verlor er im Alter von vier Wochen seine Eltern bei einem Zugunglück. Ein furchtbares Schicksal, dass das Lebenswerk des Ausnahmekünstlers bis heute beeinflusst. Aufgewachsen ist Neo Rauch bei den Großeltern mütterlicherseits in Aschersleben mit den Werken seines Vaters an der Wand. Für ihn stand von Anfang an fest, wenn er Malerei studieren würde, dann nur an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) in Leipzig, an der sein Vater mit dem Studium begann bevor er und Helga Wand aus ihrem jungen Leben gerissen wurden.
2012 gründeten Neo Rauch, die Stadt Aschersleben, sein Galerist Gerd Harry Lybke und Kerstin Wahala von der Galerie EIGEN+ART die Grafikstiftung Neo Rauch. Nach vier Ausstellungen in Aschersleben überlegte man, welchem Thema man sich mit der fünften widmen wolle. Es war die Idee des Künstlers, gemeinsam mit seinem Vater auszustellen. Bedenkt man, dass Hanno Rauch bei dem Zugunglück gerade mal 20 Jahre alt war, so zeugen seine Arbeiten auf Papier von einer großen künstlerischen Begabung. Rund 200 Werke des Vaters befinden sich im Besitz des Sohnes, von denen er 40 eigens für die Ausstellung „HANNO & NEO RAUCH – Vater und Sohn“ auswählte, die bis zum 30. April 2017 in Aschersleben zu sehen ist. Um eine „Petersburger Hängung“, so erzählte der Künstler auf der Pressekonferenz in Aschersleben, sei er nicht herum gekommen. Das betrifft vor allem die Porträts seiner Mutter. Für die Schau selber schuf Neo Rauch unter anderem 25 Tuschezeichnungen und zwei großformatige farbige Zeichnungen auf Papier.
Doch wer war jener Hanno Rauch, der am Anfang einer sicherlich erfolgreichen Karriere als Maler stand. Sehr früh traf er die Liebe seines Lebens, Helga Wand. Kennengelernt hatten sich der gebürtige Gerarer und die schöne junge Frau an der Arbeiter- und Bauernfakultät in Dresden. Zusammen gingen sie nach Leipzig und Helga Wand begann mit dem Studium der Buchgestaltung. Die Krönung ihrer Liebe war Sohn Neo, der im April 1960 geboren wurde. Hanno Rauch – das zeigt die Ausstellung – war hochtalentiert und trotz des jungen Alters beherrschte er die Raffinessen der Zeichnung hervorragend. Dazu muss man wissen, dass damals erst ab dem 3. Studienjahr an der HGB mit dem Malen begonnen wurde. Als Betrachter wird man von dieser dramatischen Familiengeschichte emotional förmlich gepackt, denn es befinden sich auch Bahnhofsthemen unter den Werken. Diese nehmen einen besonderen Stellenwert ein, da sich Stellwerke und Schaffner in den Arbeiten des Sohnes immer wieder finden lassen.
Mir ging die Ausstellung beim Presserundgang gefühlsmäßig ausgesprochen nahe. Ein junges Talent wurde brutal aus dem Leben gerissen und der Sohn fand allein seinen Weg in die Kunst. Diese Kraft muss man erst einmal haben und den Mut, sich mit einer sehr persönlichen Ausstellung mit dem Vater als Künstler auseinander zu setzen. Neo Rauch hat für die Schau ganz bewusst nach Parallelen in beider Schaffen gesucht und gefunden. So entsteht eine Nähe zwischen Vater und Sohn, die ihnen das Schicksal verwehrte.
Text: Nadja Naumann | Bild: Nadja Naumann
Externer Link: Grafikstiftung Neo Rauch
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