von Paula Wunderlich //
Dass der 1929 in Baden geborene Künstler Arnulf Rainer, der als der Begründer des österreichischen Informel gelten darf, weit über die Landesgrenzen hinaus an Ruhm und Anerkennung gewinnen konnte, beweist allein das nach ihm benannte Ausstellungzentrum in seinem Geburtsort, das sich seit 2009 ausschließlich dem Leben und Wirken des Künstlers widmet. Dabei können die Ausstellungsschwerpunkte im Arnulf Rainer Museum stets aufs Neue gesetzt werden, denn Rainer, der vor allem durch seine Übermalung international bekannt wurde, hat bis dato einen schier mannigfaltigen Kosmos an Werken geschaffen, der facettenreiche Ansatzpunkte für deren Analyse, ihre Präsentation und die Auseinandersetzung mit ihnen bietet.
Mit der Schau Die Farben des Malers, die von Helmut Friedel konzipiert wurde, eröffnet der Kurator ein gänzliches neues Spannungsfeld, indem er von Leonardo da Vincis Traktat über die Malerei ausgehend eine gleichermaßen gewagte wie innovative Brücke zwischen einer jahrhunderteralten theoretischen Schrift (vermutlich im 15. Jahrhundert entstanden und erstmals als gedruckte Ausgabe 1651 erschienen) und den Modalitäten eines zeitgenössischen Künstlers schlägt. Obwohl sich in Rainers Schaffenskorpus nicht stets die Leinwand als Malgrund offenbart, da vor allem seine Fotoübermalungen Hybride aus Fotografie und Gemälde darstellen, so ist er doch durchweg als Maler zu betrachten und praktiziert somit die im Sinne Leonardo da Vincis erste und höchste der Künste – die Malerei. Die zahlreichen Möglichkeiten malerischer Ausdrucksformen und die Differenzierungsvielfalt allein mittels der Farben scheint die beiden Künstler im Geiste miteinander zu einen. Bereits Leonardo da Vinci schrieb in seiner Abhandlung: „Es gibt (sechs) einfache Farben; die erste davon ist Weiß, obwohl einige Philosophen weder Weiß noch Schwarz zu den Farben rechnen […]. Wir zählen sie aber trotzdem dazu, weil der Maler nicht ohne sie auskommen kann, und nennen der Reihe nach Weiß als die erste der einfachen Farben, Gelb die zweite, Grün die dritte, Blau die vierte, Rot die fünfte und Schwarz die sechste. Und Weiß setzen wir für das Licht, ohne das man keine Farbe sehen kann, Gelb für die Erde, Grün für das Wasser, Blau für die Luft, Rot für das Feuer und Schwarz für die Finsternis, die sich über dem Element des Feuers befindet, weil es dort keine Materie und nichts Festes gibt, auf das die Sonnenstrahlen fallen und es folglich beleuchten konnten“ (Leonardo da Vinci zit. nach André Chastel).
Und auch Rainer weiß um die Wirkung der Farben, mit denen er Emotionen, Expressionen, bisweilen gar Aggressionen auszulösen vermag. Die gezeigten Arbeiten der Koryphäe der österreichischen Nachkriegskunst wurden in der aktuellen Ausstellung weniger aufgrund ihrer Machart oder eines Entstehungszeitraums ausgewählt, sondern fokussieren sich vielmehr auf die noch heute so aktuelle Auseinandersetzung mit den Farben Weiß, Gelb, Grün, Blau, Rot und Schwarz sowie deren nuancierten Abstufungen in Erscheinung und Wirkung.
Text aus der kunst:art 56
Arnulf Rainer. Die Farben des Malers
bis 8.10.2017, Arnulf Rainer Museum
Josefsplatz 5, A-2500 Baden
Tel.: +43-2252-20919611
täglich 10 – 17 Uhr
Eintritt: 6 €, erm. 3 – 4 €
www.arnulf-rainer-museum.at
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