Echte Fründe. Manfred Boecker, Rainer Gross und Wolfgang Niedecken in der Villa Zanders

9.7. – 19.11.2017 | Kunstmuseum Villa Zanders

Boecker, Gross, Niedecken, 1972, Köln-Rodenkirchen.

 

von Julius Tambornino //

 

Es muss eine aufregende Zeit gewesen sein als Künstler Anfang der 1970er Jahre im Rheinland. Kurz nach der epochemachenden Kasseler documenta 5 von Harald Szeemann hatte sich die  Kunstwelt, vor allem aber der öffentliche Fokus völlig neu ausgerichtet. Die Ausläufer der Fluxus-Bewegung hatten der Performance-Kunst dort eine große Bühne bereitet, die fotorealistische Malerei war im Begriff, die Pop-Art aus ihrer anhaltenden Vormachtstellung zu drängen, und durch das öffentliche Interesse an Künstlern wie Polke, Richter oder Baselitz bekam der Begriff des Realismus eine neue, ironische Bedeutung eingeprägt. Gleichzeitig waren es vor allem die Städte des Rheinlands, die sich auf der Deutschlandkarte für Kunst dieser Zeit hervortaten. Köln und sein aktives Umfeld hatten an diesen großen stilistischen Entwicklungen bereits im Jahrzehnt zuvor maßgeblichen Einfluss gehabt, Köln war gerade zwischen den 60er und 90er Jahren eine Kunstmetropole wirklich allerersten Ranges.

Und in genau diesem Klima lernten sich auch Manfred Boecker, Rainer Gross und Wolfgang Niedecken im Jahr 1971 im Rahmen ihres Kunststudiums an den Kölner Werkschulen kennen. Alle drei verband ein freier und interdisziplinärer Geist. Schon früh experimentierten sie unter dem Namen „Schizzo“ als Künstlergruppe mit Musik und Malerei.

In den Kneipen der Südtstadt traf man sich mit Gleichgesinnten, führte Diskussionen, erschuf in gemeinschaftlicher Arbeit erste dadaistische Objekte und gab Bluesmusik mit kölschen Texten zum Besten. All das stand im Zeichen des Widerstands gegen das Kleinkarierte – die bürgerliche Realität wurde innerhalb der Arbeit der Gruppe mit ironsichen Spiegelungen konterkariert. Wenn man sich heute den Kölschrock der Gruppe BAP anhört, in der neben Sänger Wolfgang Nidecken auch Boecker und Gross ihre Rolle spielten, dann sollte man sich an deren frühe künstlerische Sozialisation erinnern. Rock in Mundart –, das Folkloristische taugt zum ironischen Kommentar und Dialekt zum verbindenden statt zum abgrenzenden Element.

Dass sich in Bergisch Gladbach das einstige Dreiergespann anlässlich einer Ausstellung vereint, die sich auf ihre frühen malerischen Werke konzentriert, bedeutet eine besondere Gelegenheit. Niedecken und Boecker blieben ihrer Heimat bis heute treu, Rainer Gross jedoch zog es schon 1973, zwei Jahre nach dem ersten Aufeinandertreffen  der Gruppe nach New York, wo er sich als einziger seitdem hauptberuflich auf die Malerei fokussiert hat. Nicht zuletzt aufgrund der geografischen Distanz blieb es also für die produktive bildnerische Zusammenarbeit nur bei einer kurzen Episode. Glücklicherweise riss jedoch das Band der Freundschaft auch über all die Jahre nicht ab, weshalb die Malereien heute wieder gemeinsam von den Bewegungen ihrer Stadt zu einer anderen Zeit erzählen können, und das alles in direkter Nachbarschaft zur einstig gemeinsamen Wirkungsstätte.

 

Text aus der kunst:art 56

Freunde treffen sich – revisited. Manfred Boecker, Rainer Gross, Wolfgang Niedecken
9.7. – 19.11.2017, Kunstmuseum Villa Zanders
Konrad-Adenauer-Platz 8. D-51465 Bergisch Gladbach
Tel.: +49-2202-142356
Di – Sa 14 – 18 Uhr, Do 14 – 20 Uhr, So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 4 €, erm. 2 €
www.villa-zanders.de

 

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