von Nadja Naumann //
Kunst kommt ohne Gönner und Mäzene nicht aus. Im Gegenteil, sie brauchen einander. Was wäre unsere Welt ohne Kunst jeglicher Art – ziemlich langweilig und öde. Seit zehn Jahren gibt es den Zurich Art Prize und die Auslober des Preises haben sich dazu entschlossen, das Preisgeld erstmals ab diesem Jahr aufzustocken. In den Genuss von 20.000 Schweizer Franken kommt die französische Künstlerin Marguerite Humeau, die durch ihr eigenständiges Werk, das von wissenschaftlicher Neugier und Genauigkeit geprägt ist, die Jury restlos überzeugen konnte.
Das bisherige Preisgeld betrug 80.000 Schweizer Franken, die zweckgebunden für eine Einzelausstellung im Museum Haus Konstruktiv bestimmt waren. Daran wird sich in Zukunft nichts ändern, aber die Aufstockung um ein Preisgeld für den Gewinner selbst macht ihn somit noch attraktiver und begehrter. Der Zurich Art Prize wird gemeinsam vom Museum Haus Konstruktiv und der Zurich Insurance Group ausgeschrieben.
In den letzten Jahren ist die in London lebende Künstlerin Marguerite Humeau, die am Royal College of Art 2011 ihren Abschluss machte, mit ihren großformatigen, organischen und an tierische Wesen erinnernden Plastiken bekannt geworden, die sie in farbig gestalteten Räumen präsentiert. Im Schaffensprozess lässt sich die Künstlerin oft von prähistorischen Tatsachen, wissenschaftlichen Theorien und okkulten Überlegungen leiten und inspirieren. Dabei sucht sie ganz bewusst den Dialog mit Wissenschaftlern wie bei ihrer jüngsten Einzelausstellung FOXP2 im Palais de Tokyo in Paris im vergangenen Jahr und im Nottingham Contemporary. Im Fokus der wissenschaftlich-künstlerischen Diskussion stand das gleichnamige mutierte Gen, das Mensch und Schimpanse voneinander unterscheidet. Anhand der Gespräche schlussfolgerte die Künstlerin, dass, wenn FOXP2 nicht mutiert wäre, die Elefanten den dominierenden Platz der Affen im Tierreich eingenommen hätten, und diese Überlegung brachte sie in ihre neuesten Arbeiten ein. Die Hypothese, dass die Elefanten die tonangebenden und intelligenteren Wesen wären, führte zu einer Wende im Werk von Marguerite Humeau. Die Künstlerin entschied sich, einen neuen Weg zu gehen. Sie spann den Faden weiter, wenngleich ohne erbrachten wissenschaftlichen Beweis. Das ist das Schöne an der Kunst, sie darf sich frei entfalten, losgelöst von der Wissenschaft, die den entscheidenden Impuls gegeben hat. Der Mut von Marguerite Humeau, etwas Neues zu wagen, hat sich gelohnt. Denn sie spinnt die ungewöhnliche Theorie eifrig weiter und das völlig eigenständig. Eine ebenso kreative wie originelle Einstellung, die die Jury überzeugt hat.
Die Künstlerin selbst bezeichnet sich als Indiana Jones in Google Times. Eine derartige Abenteuerlust ist eine spannende Herangehensweise und Marguerite Humeau dürfte noch für so manche Überraschung in der Kunst sorgen. Sie hat Mut bewiesen, sich auf wissenschaftliche Spekulationen einzulassen. Marguerite Humeau weckt Neugier beim Betrachter. Eine Künstlerin, die man auf alle Fälle im Auge behalten sollte.
Text aus der kunst:art 57
Marguerite Humeau
26.10.2017 – 14.1.2018, Museum Haus Konstruktiv
Selnaustr. 25, CH-8001 Zürich
Tel.: +41-44-2177080
Di – So 11 – 17 Uhr, Mi 11 – 20 Uhr
Eintritt: 16 CHF, erm. 12 CHF
www.hauskonstruktiv.ch
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