von Liane Wendt //
Dr. Barbara Strieder, heute Leiterin der Grafischen Sammlung in Schloss Moyland, begann ihre Laufbahn als Volontärin am Hessischen Landesmuseum. Hier hatte sie ihre erste Berührung mit Beuys’ Materialien. Der “Beuys Block”, sein weltweit größter authentischer Werkkomplex, ließ sie nicht mehr los.
Mit seiner Theorie zur “sozialen Plastik” erweiterte Beuys den traditionellen Kunstbegriff. Es ging ihm nicht um festgefügte Gestaltungsprinzipien. Kunst soll ein Wahrnehmungs- und Erkenntnisprozess sein, an dem jeder Mensch beteiligt ist; es sollen Denkprozesse angeregt werden und so kann jeder verändernd in die Gesellschaft eingreifen. Jeder Mensch soll im Bereich seiner Fähigkeiten das Bestmögliche erreichen und eigene Fähigkeiten zum Wohl der Gesellschaft und zu seinem eigenen Wohl einsetzen. So ist auch sein Zitat zu verstehen, “Jeder Mensch ein Künstler”.
Das Denken als Basis der Plastik und Plastik ist selbst ein Evolutionsprozess, der lebendig und fließend ist zwischen zwei gegensätzlichen Polen – hart und weich, Ordnung und Chaos, warm und kalt. Materialien und deren Energie in seinen verschiedenen Formen und Verformungsprozessen als Symbol der Gesellschaft, des Menschlichen, als Denkanstoß. Beuys wollte eine Abkehr von traditionellen künstlerischen Materialien. Er wollte Kunst und Leben miteinander verbinden. Im einzelnen Menschen sollten kreative Prozesse angeregt werden, er sollte eigene Gedanken entwickeln. Dazu wollte Beuys mit der Verwendung seiner Materialien aus dem Alltagsleben den Menschen Grunderfahrungen wieder bewusstmachen: Wie fühlt es sich an – Wärme, Kälte oder sich beschützt fühlen oder ausgesetzt?
Mit ihrer Ausstellung “Mehr als Fett und Filz” geht Frau Dr. Strieder dieser Materialidee auf den Grund. Schloss Moyland hat eine eigene Sammlung früher Beuys-Werke. Dies sind zumeist kleinere und mittelgroße Arbeiten auf Papier. Hier finden sich Ideen fur spätere Arbeiten. In sechs Räumen werden vierzehn beuysische Materialien unter bestimmten Oberthemen geordnet. Papier ist dabei das Material, das er als Grundlage fur seine Zeichnungen einsetzte. Seine Darstellungen auf Papier verdeutlichen in Wort und Bild schon Materialien, welche er später nutzt, wie in der Arbeit “Meine Wohnung Filzwohnung”.
Der erste Raum widmet sich verschiedenen Erdarten, so finden sich in seinem Werk unter anderem Stein und Gips. Ein anderer Bestandteil seiner Arbeit waren organische Materialien, die eine Beziehung zum Körper haben, wie Haare und Blut. So lange das Blut fließt, lebt der Körper – ein lebendig fließender Kreislauf, dies kann man auch auf gesellschaftliche Prozesse übertragen. Transformationsprozesse, einer der wichtigsten Oberbegriffe. Hier dominieren Beuys’ drei wichtigste Materialien Filz, Fett und Kupfer. Kupfer als leitendes Material, Filz als Zeichen des inneren Chaos und der äußeren Ordnung, isolierend und schützend. Fett als Energiespeicher für den Körper. Unter Wärme finden wir Wachs, Honig und Schokolade mit ihren positiv besetzten Eigenschaften süß, belohnend und geistige Nahrung. Letzte Gruppe sind die Materialien der Alchemie: Gold und Schwefel. Gold als Symbol der geistigen Umwandlung und Schwefel fur Wärme und Licht.
Mehr als Fett und Filz
Materialien im Werk von Joseph Beuys
15.10.2017 – 12.2.2018, Stiftung Museum Schloss Moyland
Am Schloss 4, D-47551 Bedburg-Hau
Tel.: +49-2824-951060
Di – So 11 – 17 Uhr
Eintritt: 7 €, erm. 3 €
www.moyland.de
Text aus der kunst:art 58
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