von Marianne Hoffmann //
Fragt man im eigenen Umfeld einmal nach, was der Begriff “Loop” bedeutet, wird man von Frauenseite vielleicht erstaunt angeschaut und dann auf den Schal verwiesen, den Frau gerade um den Hals trägt. Der Mann denkt an Film, Schach oder Musik. Fragt man Wikipedia, dann kommt eine endlos Auflistung des Begriffes “Loop” quer durch die Weltgeschichte. Das geht von einem Gebiet in Downtown Chicago bis hin zu Druckwasserreaktoren oder Quantengravitation. Selbst ein Ort in Schleswig – Holstein heißt Loop, der Ort liegt zwischen Flensburg und Hamburg. In der Übersetzung des englischen Begriffes “Loop” bedeutet er schlicht und ergreifend Schleife oder Schlauch.
Nun hat das Museum in Wolfsburg das Thema “Loop” in den Ausstellungsreigen eingefügt, um was zu untersuchen? Mit „Never Ending Stories“ zeigt Wolfsburg weltweit erstmals eine formal und inhaltlich sowie räumlich und zeitlich weit ausgreifende, interdisziplinäre Recherche zum Phänomen der Endlosschleife in Kunst, Film, Architektur, Musik, Literatur und Kulturgeschichte. Das Kreisen in geschlossenen Systemen spannt sich vom altägyptischen Ouroboros – der Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beißt – bis zu zeitgenössischen Multimedia-Installationen und kennzeichnet in der menschlichen Psyche zugleich Trance, Traum und Trauma. Für ein Thema, das bis in die Anfänge der menschlichen Kulturgeschichte zurückreicht, braucht es eine ordnende Unterteilung. So hat man sich in Wolfsburg entschlossen, 14 Kapitel in einer extra entworfenen Ausstellungsarchitektur zu präsentieren.
Mit mentalen Rotationen und räumlich-körperlichen Erfahrungen in Sachen “Loop” werden alle Sinne gereizt. Der Bogen der Schau spannt sich vom „Ouroboros“-Oktogon – einer Schatzkammer der Kulturgeschichte – über den „Zen“-Saal bis hin zur quadratisch verspiegelten „Music Hall“. Anthropologisch orientierte Ausstellungskapitel wie „Eros in der Endlosschleife“, „Die Verdauung der Welt“, „Politik: Zwischen Themenkarussell und Teufelskreis“ oder „Architektur ohne Ende“ weiten sich immer aufs Neue zu Kino-, Installations- und Selbsterfahrungsräumen: Großzügige Black Boxes mit Videoloops von Salla Tykkä, Rodney Graham oder Omer Fast treffen auf immersive Rauminstallationen von Douglas Gordon, Ragnar Kjartansson oder Bruce Nauman. Geradezu kontrapunktisch kann man Yayoi Kusamas trancehafte Lichtunendlichkeit auf vier mal vier Metern und Gregor Schneiders ultimativen Raumloop „Bad“ auf mehr als 500 Quadratmetern erleben.
Das Kunstmuseums präsentiert die Literatur als „Zirkelschlüsse und Lesemaschinen“ für die James Joyce, Raymond Roussel und Gertrude Stein, aber auch Johann Wolfgang von Goethe, Georg Büchner und Julio Cortázar Pate stehen. In der “Wundermaschine Film“ wird der multimediale Einsatz des Loops vom ersten Kuss der Filmgeschichte 1896 über Marcel Duchamps hypnotisches „Anémic Cinéma“, entstanden 1925, bis hin zu Thomas Bayrles Film „Loop“ von 2008, „Mensch und Maschine im Kreisverkehr“ gezeigt. „Der Künstler im Loop“ bündelt in sich kreisende Selbstreflexionen von Akteuren der Moderne wie Gegenwart. Während Markus Raetz sein von Endlosschleifen durchzogenes Lebenswerk konzentriert verräumlicht, ist dank Max Grau ein fulminanter filmmusikalischer Metaloop zu erleben: Die audiovisuelle Endlosschleife kommentiert sich selbst.
Never Ending Stories
29.10.2017 – 18.2.2018, Kunstmuseum Wolfsburg
Hollerplatz 1, D-38440 Wolfsburg
Tel.: +49-5361-26690
Di – So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 10 €, erm. 8 €
www.kunstmuseum-wolfsburg.de
Text aus der kunst:art 58
Kommentar hinterlassen
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.