In Coronazeiten soll es ja einen wahren Gartenboom gegeben haben, in der Zwangsfreizeit stürzten Massen vorstädtischer Reihenhausbewohner in die Baumärkte und kauften Sichtschutzelemente und Betonplatten, was die Lager hergaben. Carmen Müller aber ist vom durchschnittlichen kleingärtnerischen Treiben weit entfernt: Die Südtiroler Künstlerin (* 1977 in Brixen) ist über die Jahre zur höchst kenntnisreichen Gartenforscherin und -Expertin geworden. Selbst leidenschaftliche und anspruchsvolle Gärtnerin – mit der ganzen Palette von Zier- über Nutz- zu Heilpflanzen – untersucht sie private, kollektive und (halb-)öffentliche Gärten in botanischer, gestalterischer und sozialer Hinsicht: Jede(r) Regisseur(in) des eigenen Grüns.
Das Sudhaus des ehemaligen Adambräus in Innsbruck ist Standort des Architekturmuseums Aut Tirol. Dort versteht man die Baukunst als eine gesellschaftliche Angelegenheit: Ein passender Ort für Carmen Müllers Ausstellung „Von Gärten, Pflanzen und Menschen“. Zu sehen sind die Resultate der Müllerschen Feldforschung im Innsbrucker Raum seit Frühjahr 2019: Mitbringsel, Fotografien und Auszüge aus Gesprächen mit Gärtnerinnen und Gärtnern. In Temperafarben oder als Stickerei auf Leinwand verwandelt sich die Künstlerin die botanischen Fundstücke ästhetisch an; Pflanzenkunde und Erfindung reichen sich da die Hand. Die in Meran lebende Künstlerin erweist sich mit ihrer Arbeit als Naturkennerin wie auch als wache Beobachterin gesellschaftlicher Bewusstseinsprozesse.
Carmen Müller. Von Gärten, Pflanzen und Menschen
6.11.2020 – 20.2.2021
aut. architektur und tirol
Lois-Welzenbacher-Platz 1
A-6020 Innsbruck
Tel.: +43-512-571567
Di – Fr 11 – 18 Uhr, Sa 11 – 17 Uhr
Eintritt frei
www.aut.cc
Text: Dieter Begemann
Bild: aut. architektur und tirol
Erstveröffentlichung in kunst:art 76