Ein Museum ist per Definition ein Ort, der sich dem Gedächtnis verschrieben hat, dem in Dingen, in Objekten oder Kunstwerken materialisierten Gedächtnis einer Gesellschaft. Durch das Bewahren sind die Objekte in gewisser Hinsicht still gestellt (Grund des Abscheus vieler moderner Künstler gegen die Institution Museum). Und doch herrscht Bewegung, denn mit den Zeiten wandelt sich, was interessant erscheint, und Exponate wandern ins Depot, um anderen Platz zu machen: So funktioniert auch unser persönliches Gedächtnis. Das Kunstmuseum Olten möchte mit seinem Ausstellungsprojekt „Memory“ das Gedächtnis selbst zum Thema machen, die Arbeitsweise der Erinnerung künstlerisch erforschen. Dazu gehört unabdingbar das Vergessen, angesichts begrenzter Kapazitäten im mentalen Arbeitsspeicher sozusagen.
Der Schwund ist fatal (im Falle der Demenz etwa), kann aber auch wohltätig sein: So im Zentralwerk aus dem Bestand des Hauses, Cuno Amiets Triptychon „Die Hoffnung“ (1902). Es zeigt ein halb skelettiertes, aber doch mysteriös lebendiges Elternpaar zu Seiten einer jungen Frau, ihr zu Häupten die Predella, die einen Säugling zeigt. Die Verarbeitung eines Kindstods im Vorjahr damals ist ein schon im Bildtypus auf die Tradition bezogenes Werk – die Oltener Ausstellung möchte aber vor allem mit zeitgenössischen, multimedialen Arbeiten von Franziska Furrer, Nina Haab oder Thi My Lieu Nguyen und anderen die besonderen Bedingungen von Erinnern und Vergessen im digitalen Zeitalter kritisch befragen.
Memory. Über die Erinnerung
23.01.2021-18.04-2021
Kunstmuseum Olten
CH-4600 Olten
www.kunstmuseumolten.ch
Text: Dieter Begemann
Bild: Kunstmuseum Olten
Erstveröffentlichung in kunst:art 76