Wo sich die Grenze zwischen Malerei und Fotografie verwischt, das fragt sich der Betrachter bei den Arbeiten von Ludwig Rauch. Der gebürtige Leipziger bedient perfekt das klassische Porträt und lebt seine künstlerische Seite in Fotos aus, die überraschen. Was für den Maler der Pinsel auf der Leinwand ist, ist hier für Rauch die Kamera in der Hand. Leipzig präsentiert jetzt die zwei Sichtweisen des Fotografen in einer Schau, die zudem dem Betrachter einen Einblick in sein über 40-jähriges Schaffen gewährt.
Ludwig Rauch ist gebürtiger Leipziger und studierte in den 1980er-Jahren an der damaligen Karl-Marx-Universität Leipzig Bildjournalismus. 1986 wurde er mit einem Publikationsverbot in allen journalistischen Medien der DDR belegt und begann an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig bei Arno Rink zu studieren. 1989 erfolgte die Ausreise in den Westen und seitdem arbeitet Rauch als freier Fotograf und Künstler. 1991 gründete er zusammen mit Matthias Flügge und Michael Freitag die Kunstzeitschrift „neue bildende Kunst“, die 1999 eingestellt wurde. Von 1992 bis 2004 arbeitete er eng mit dem Maler Johannes Ulrich Kubiak zusammen. Seit 2009 unterrichtet er an der Ostkreuzschule für Fotografie in Berlin.
Seine Porträts von Leipziger Künstlern bestechen vor allem in ihrer Präzision. Das liegt vor allem daran, dass sich Rauch mit dem Menschen vor der Kamera intensiv auseinandersetzt, um ihm gerecht zu werden. Denn eines darf hierbei nicht außer Acht gelassen werden: Der Porträtierte möchte sich auf dem Foto auch gefallen. Sich wiedererkennen. Es werden keine Eitelkeiten gepflegt, denn der Fotograf denkt zugleich an den Betrachter, dem er etwas vermitteln möchte. Bei Rauch ist ein Porträt kein perfektes Ablichten des Objektes. Die Perfektion liegt hier im Detail der Inszenierung und wie vor einem Gemälde kann der Betrachter sich in das Foto vertiefen und dabei das Gefühl für die Zeit verlieren.
Die andere künstlerische Seite von Ludwig Rauch sind seine Fotografien, bei denen man ernsthaft zweifeln darf, ob sie ein Foto oder ein Gemälde sind. Raffiniert agiert der Künstler mit der Kamera und verwischt ganz bewusst die Grenze von Fotografie und Malerei, die ihm Möglichkeiten eröffnet und den Betrachter wohl wissend verwirrt. Verwirrt im positiven Sinne, denn man kann sich nicht sattsehen an diesen Arbeiten, die indirekt etwas mit den Porträts der Künstler zu tun haben. Fast scheint es, dass sich Rauch in den Ateliers die Inspiration für seine experimentellen Arbeiten holt. Die Nähe zu den Künstlern sucht er ganz bewusst und es schwingt eine Verehrung für jene in den Porträts mit. Rauchs fotografische Mittel für die künstlerischen Arbeiten sind im Gegensatz zum Künstler begrenzt. Mit dem Pinsel in der Hand zu malen bedeutet gleichzeitig viel Zeit für das künstlerische Endergebnis zu haben. Was dem Schaffenden bei längerer Betrachtung nicht mehr gefällt, dass kann er übermalen oder korrigieren. Der Fotografie sind technisch bedingt Grenzen gesetzt.
Nadja Naumann lebt und arbeitet als freie Journalistin im mitteldeutschen Raum.
Ludwig Rauch. Porträt und Abstraktion
13.10.2022 – 8.1.2023
Museum der bildenden Künste Leipzig
Katharinenstr. 10
D-04109 Leipzig
Tel.: +49-341-216990
Di + Do – So 10 – 18 Uhr, Mi 12 – 20 Uhr
Eintritt: 10 €, erm. 5 €
www.mdbk.de
Text: Nadja Naumann
Bild: Museum der bildenden Künste Leipzig
Erstveröffentlichung in kunst:art 88