Nur wenige Pinselstriche sind es, die den in Gold gefassten roten Edelstein einer Spange aus dem Dunkel seiner Umgebung eindringlich hervortreten lassen – sie ziert den Turban eines Mannes, der in Dreiviertelansicht die Betrachtenden anblickt, diffus aus dem Schatten des starken Hell-Dunkel-Kontrasts heraus. Der Kontrast ist typisch besonders für das Frühwerk jenes Meisters: Rembrandt Harmensz. van Rijn ist diese Tronie-Darstellung zugeschrieben. Jedoch erst nachdem das Bild seit 1935 turbulente Richtungsänderungen der Zuschreibung erfahren hatte und im Jahr 1995 wieder an den Kunstmarkt gelangt war, wurde es durch die Untersuchung des Rembrandt Research Projects schließlich offiziell „ein Rembrandt“.
Nun ist dieses Werk zentrales Element einer besonderen Ausstellung des Arp Museums: Denn es ist der Grundstein der Sammlung Kremer, die sich auf niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts konzentriert. Sie tritt in Dialog mit Gemälden aus der seit vielen Jahren dem Arp Museum anvertrauten Sammlung Rau.
Dabei liegt der Fokus auf dem sogenannten Goldenen Zeitalter der Niederlande, jener Epoche, die ungefähr das 17. Jahrhundert ausfüllt und durch rapide wachsenden wirtschaftlichen und kulturellen Reichtum gekennzeichnet war. Historisch folgte diese Blütezeit auf den 1568 begonnenen, 80-jährigen Unabhängigkeitskrieg gegen das spanisch-habsburgische Reich, das die südlichen Niederlande weiterhin kontrollierte. Komplizierte, nicht selten dunkle Zeiten, die aber zugleich den Handel durch die Zuwanderung aus dem Süden, darunter beispielsweise wohlhabende protestantische und katholische Kaufleute und Antwerpener Tuchhändler, bereicherten. Holland erwuchs so zu einer florierenden Seefahrer-, Finanz- und Handelsmacht, die den Weg ebnete für das Schaffen von rund 700 Malerinnen und Malern in den Niederlanden jener Jahre. 5 bis 10 Millionen Bilder sind in dieser Zeit gemalt worden, rund 200.000 sind noch heute erhalten.
Die Schau nähert sich zentralen Facetten dieses eklektischen Jahrhunderts in drei Kapiteln, die rund fünfzig Gemälde von über 35 Künstlern gliedern. Das Spektrum der Bilder zeigt verschiedene Strategien in einem Kunstmarkt, in den auch viele Werke aus den südlichen Niederlanden importiert wurden. So strebten Künstler Spezialisierungen an, wie beispielsweise Gerrit Dou, ein Schüler Rembrandts, der mit Genreszenen berühmt wurde, oder Jan van Goyen, der seine einzigartige Nass-in-Nass-Technik auf die Landschaftsmalerei konzentrierte. Vor allem auch Stillleben vermögen den Geist der Epoche besonders prägnant zu treffen, während sie zwischen immensem Prunk und tiefgreifender Symbolik changieren.
„Diese Zeit war das Goldene Zeitalter der Kunst, und die goldenen Äpfel (die heute kaum noch zu finden sind und wenn, dann nur auf beschwerlichem Wege und mit viel Schweiß) fielen den Künstlern von selbst in den Mund“, so beschrieb der Maler und angesehene Kunstschriftsteller Arnold Houbraken (1660–1719) jene vielfältigste Kunstlandschaft ihrer Zeit,
die der Sammlungsdialog im Arp Museum eindrücklich erlebbar macht.
Ninja Elisa Felske ist Kunsthistorikerin und promoviert derzeit über Pablo Picasso.
Goldene Zeiten der holländischen Malerei
16.4. – 20.8.2023
Arp Museum Bahnhof Rolandseck
Hans-Arp-Allee 1
D-53424 Remagen
Tel.: +49-2228-942516
Di – So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 11 €, erm. 9 €
www.arpmuseum.org
Text: Ninja Elisa Felske
Bild: Arp Museum Bahnhof Rolandseck
Erstveröffentlichung in kunst:art 91