Abgründig humorvoll

1.12.2023 – 1.4.2024 | Museum der Moderne Salzburg

Anna Jermolaewa, aus der Serie Volga etc., C-prints, 2008, Courtesy SCHÖNEWALD, Düsseldorf, Foto A. Kukulies, Düsseldorf

Die Wiener Künstlerin Anna Jermolaewa (* 1970 in St. Petersburg) erweist sich als genaue Beobachterin des menschlichen Zusammenlebens, seiner gesellschaftlichen Bedingungen und politischen Voraussetzungen. Oft sind es scheinbar unbedeutende, alltägliche Dinge, die sie aus ihren Erfahrungen als aufmerksame Reisende heraus ebenso kritisch wie abgründig humorvoll hinterfragt. Die Konzeptkünstlerin, die 1989 als russische Dissidentin nach Österreich kam und 2021 mit dem Otto-Breicha-Preis für Fotokunst ausgezeichnet wurde, bezeichnet sich selbst als „Realistin“. Eine Arbeit, die Jermolaewa 2014 begonnen hat und bis heute fortsetzt, ist „Chernobyl Safari“: Im menschenleeren Sperrgebiet von Tschernobyl sind Filmbilder von großer Schönheit entstanden, beispielsweise von wieder ausgewilderten Urpferden, die dort ideale Bedingungen fanden.

„Hostile Architecture“ ist eine 2019 begonnene Fotoserie, die erfasst, wie im öffentlichen Raum Metallstacheln und Ähnliches so montiert sind, dass Obdachlose sich dort nicht aufhalten können. Bereits seit 1998 macht sie Aufnahmen von Märkten auf aller Welt. In Salzburg wird erstmals eine Auswahl dieser Bilder gezeigt und in Zusammenhang mit Arbeiten wie „Back to the Silk Routes“ gesetzt: In diesem Video erkundet Anna Jermolaewa die Schicksale bucharischer Juden, die aus Usbekistan emigriert sind und auf dem Wiener Naschmarkt ihre Waren verkaufen. Themen wie Erinnerung, Entwurzelung und Neubeginn werden dabei eindrucksvoll anschaulich gemacht.

Anna Jermolaewa. Otto-Breicha-Preis für Fotokunst 2021
1.12.2023 – 1.4.2024
Museum der Moderne Salzburg
Altstadt (Rupertinum)
Wiener-Philharmoniker-Gasse 9
A-5020 Salzburg
Tel.: +43-662-842220
Di – So 10 – 18 Uhr, Mi 10 – 20 Uhr
Eintritt: 13 €, erm. 8 – 10 €
www.museumdermoderne.at

Text: Stefan Simon
Bild: Museum der Moderne Salzburg
Erstveröffentlichung in kunst:art 94