Begemanns Blog | Zukunft: Detail oder Vision?

Architektur

Ernsthaftes Design bzw. ernstzunehmende Architektur einerseits und Science Fiction andererseits, das sind eigentlich zwei völlig konträre Welten mit ganz unterschiedlichem, ja gegensätzlichem set of mind. Oder doch nicht? Eine spannende Frage!

Denn wenn in der ersten Kategorie die seriöse Lösung ernsthafter Fragestellungen auf dem Programm steht, in vielpunktigen Lastenheften definiert, über denen stets das Damoklesschwert eines allgegenwärtigen Kostendrucks dräut, so gehört die zweite Disziplin ins Feld der Unterhaltung, sie soll für Verblüffung und allgemeine Kurzweil sorgen. Das kommerzielle Element ist hier, versteht sich, nicht minder zu berücksichtigen, aber völlig anders gelagert: Gerade die fantastische, ja völlig märchenhafte Qualität eines Films der Science Fiction kann der entscheidende Faktor am box office sein, kann gute Einspielergebnisse generieren. Phantastische Literatur des populären Genres funktioniert da ähnlich. Aber Star Wars oder Perry Rhodan: Weder das eine noch das andere wird man wohl ernst nehmen müssen bei der Suche nach der Lösung technischer, ästhetischer oder gar gesellschaftlicher Fragestellungen. Beides sind kommerziell erfolgreiche Produkte – allein das gemeinsame Konzept der Serie und des dadurch beförderten assoziierten Merchandising sorgt dafür -, aber für das sprichwörtlich wirkliche Leben bleiben sie gleichermaßen irrelevant.

Und doch stellt sich die Frage, was eigentlich ein „ernsthaftes“ Entwerfen, das wir hier einmal kurz relevant nennen, antreibt? Da wird man feststellen, dass dabei zwar die hartnäckige Lösung von lästigen Detailproblemen angesagt ist, sozusagen klassisches Dickbrett-Bohren bei Funktion, Handhabung, Fertigung, Haltbarkeit etc. Dafür könnte ein großer Gestalter aus der Bauhaus-Schule, Wilhelm Wagenfeld, als Beispiel dienen. Aber vorgängig braucht es doch immer das, was man mit dem großen Wort Vision beschreiben könnte. Bei Wagenfeld war es die tief verwurzelte Überzeugung, dass die moderne Industriegesellschaft für weiteste Kreise der Bevölkerung ein menschenwürdiges Lebensumfeld bereitstellen könne, innerhalb dessen die sinnvolle wie sinnliche Handhabung des Gegenstandes ein kleines Gelingen im Alltag bereiten könne. Aber seit dem Ende der Moderne, also spätestens seit den 1980er Jahren, hat sich die Lage erheblich geändert – und da gewinnt das Phantastische plötzlich eine andere Qualität!

 

Text: Dieter Begemann

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Begemanns Blog: Sternschnuppen An dieser Stelle soll es um ästhetische Sternschnuppen gehen und, wie es die Schnuppen so machen, sollen sie hin und her zischen auf manchmal verblüffenden Kursen – kreuz und quer! Ich konnte (und musste zum Glück mich auch nie) entscheiden zwischen praktisch-bildkünstlerischen und theoretischen Interessen: Ich liebe Malerei und Bildhauerei, begeistere mich für Literatur, bin ein Liebhaber von Baukunst und Design –aber meine absolute Leidenschaft gehört der Gestaltung von Gärten und Autos. Und, eh ich’s vergesse: natürlich dem Film!!

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