Wer denkt bei Bildern zarter Kirschblüte nicht an die delikaten Stilisierungen auf alten japanischen Wandschirmen? Man könnte freilich auch an die Fotos von Antoinette de Jong und Robert Knoth denken, die in Fukushima entstanden sind … Die Stätte des verheerenden Nuklearunfalls als Ort der Naturschönheit, ein befremdlicher Gedanke fürwahr. Und doch liegt gerade in diesem krassen Widerspruch der angesprochenen Gefühlslagen die Qualität des künstlerischen Ansatzes des niederländischen Duos.
Das Kunst Haus Wien präsentiert (in der Garage) die Resultate mehrerer Studienreisen nach Fukushima, wo vor zehn Jahren erhebliche Mengen Radioaktivität aus dem havarierten Atomkraftwerk freigesetzt wurden. De Jong und Knoths „Tree and Soil“, Bäume und Boden, zeigt in Fotografien und einer Zwei-Kanal-Audio- und Video-Installation den Ort und seine langsamen Veränderungen.
Die beiden fühlen sich wie Archäologen einer fiktiven fernen Zukunft, die erforschen, wie einstmals in der Vergangenheit Menschen gelebt haben mögen, wie sie mit der sie umgebenden Natur umgegangen sind. Eine bizarre Aufnahme bleibt im Kopf hängen: Einsam in der Abenddämmerung eine verlassene Tankstelle am Straßenrand, ein Schild lädt ins „Drink Paradise“. Im Neonlicht leuchten Getränkedosen, die man, im Zusammenhang unvermeidlich, als giftigbunt beschreiben muss. Und tatsächlich, die Kirschen blühen wie je … Interviews und Illustrationen runden das schaurig-schöne Bild ab.
Antionette de Jong & Robert Knoth. Tree and Soil
20.10.2021 – 13.2.2022
Kunst Haus Wien
Untere Weißgerberstr. 13
A-1030 Wien
Tel.: +43-1-7120491
Täglich 10 – 18 Uhr
Eintritt: 9 €, erm. 8 €
www.kunsthauswien.com
Text: Dieter Begemann
Bild: Kunst Haus Wien
Erstveröffentlichung in kunst:art 82