Seine menschlichen Figuren lässt der Künstler als prügelnde Horden auftreten, wie in dem großformatigen Gemälde „Kein Gespenst geht um“ von 2002. Ermattete Einzelgänger erscheinen in Bildern wie „Ferbenlaare“ oder „Poor Girl“ von 2005. In der 2011 entstandenen Arbeit „Army of Traitors“ ist eine Menschenkette in karger Landschaft zu sehen. Führt die Gruppe ein Talibankämpfer mit Kalaschnikow an? Oder ist es ein Nomade, ein Flüchtling? Willkommen in Daniel Richters vielschichtigem Bilderkosmos, der nun in einer retrospektiv angelegten Schau in der Kunsthalle Tübingen zu sehen ist.
Daniel Richter, Jahrgang 1962, malt in psychedelisch glühenden Farben apokalyptische Szenerien voller Verweise auf aktuelle oder historische Ereignisse. Mit seinen großformatigen Bildern zur Weltgeschichte, in denen sich stets ein vieldeutiges Drama abspielt, wird er auch gern als moderner Historienmaler bezeichnet. Richters Bilder sind Kompositionen eines Berserkers, der dem Publikum einiges abverlangt, ohne aber je belehrend zu werden. Der Betrachter soll über seine Bildinhalte nachdenken, und wenn er dazu keine Lust hat, darf er sich zumindest nicht langweilen. Richter: „Ich male keine Bilder, die mit dem Offensichtlichen arbeiten“. Indem der Ausgang des Gezeigten ungewiss bleibt, eröffnen Richters Bilder ein Denken jenseits ausgetretener Pfade. Immer wieder entwickelt er inhaltlich und stilistisch neue Wege, modern und souverän in einem Medium zu sein, dem seit langem das Etikett des Altmodischen anhaftet. Stefan Simon
Daniel Richter
6.5. – 3.10.2023
Kunsthalle Tübingen
Philosophenweg 76
D-72076 Tübingen
Tel.: +49-7071-96910
Täglich 11 – 18 Uhr, Do 11 – 19 Uhr
Eintritt: 12 €, erm. 10 €
www.kunsthalle-tuebingen.de
Text: Stefan Simon
Bild: Kunsthalle Tübingen
Erstveröffentlichung in kunst:art 91
