Typografische Experimente, schrill-schreiende Bildkompositionen sowie Fotomontagen und Collagen ergeben die stilistische Vielfalt an Plakaten, die im Rahmen der MAK-Ausstellung 100 BESTE PLAKATE 15. Deutschland Österreich Schweiz ab 28. September 2016 im MAK-Kunstblättersaal präsentiert wird. Die einhundert Siegerprojekte des beliebten deutschsprachigen Grafikdesignwettbewerbs beweisen auch heuer wieder die Lebendigkeit des Mediums Plakat, das sich in einer digital vernetzten Welt mit immer kurzlebigeren Inhalten jedes Jahr neu erfindet.
„Die Plakatszene ist in Bewegung, neue Tendenzen aus der Jugendkultur werden sichtbar. Aus vielen Graffiti-Sprayern sind Designer geworden […]“, meint Gunter Rambow, Vorsitzender der internationalen Fachjury 2015, und prognostiziert: „Die Plakate als Bilder im öffentlichen Raum werden ihre Bedeutung behalten, obwohl sie schon immer heftige Konkurrenz und wichtige Begleiter hatten […].“
Die Fachjury, bestehend aus Gunter Rambow (Güstrow, Vorsitz), Günter Eder (Wien), Igor Gurovich (Moskau), Patrick Thomas (Barcelona/Berlin) und Megi Zumstein (Luzern), prämierte die GewinnerInnen des Wettbewerbs aus über 2 000 eingereichten Projekten. Der Jury lagen 964 Einzelplakate vor, die es dem zweistufigen Reglement entsprechend durch die Online-Vorauswahl in die Endrunde geschafft hatten.
Nach Ländern gliedern sich die 100 Plakate und Plakatserien in 50 siegreiche Projekte aus der Schweiz (aus 145 Einreichungen), 48 GewinnerInnen aus Deutschland (aus 396 Einreichungen) und zwei Siegerprojekte aus Österreich (aus 64 Einreichungen). Insgesamt haben sich 605 EinreicherInnen, davon 125 Agenturen beziehungsweise Grafik- und Designbüros, 465 EinzelgestalterInnen und 15 AuftraggeberInnen am Wettbewerb beteiligt.
Trotz der im Vergleich zum Vorjahr deutlich angestiegenen Zahl österreichischer TeilnehmerInnen ist Österreich im Jahr 2015 mit nur zwei Siegerprojekten unter den hundert prämierten Arbeiten vertreten. Stefan Joch aus dem Atelier ZWUPP schuf mit Astronautovic eine Hommage an den kontrovers diskutierten österreichischserbischen Fußballspieler Marko Arnautović. Das im Eigenauftrag entstandene Plakat wurde im Siebdruckverfahren hergestellt und basiert auf Michael Kranewitters medial weit verbreiteter Fotografie des Sportlers. Der stilisierte Schutzanzug und der Weltraumhelm deuten einen hermetischen Raum an, der den Fußballer umschließt und ein breites Feld an möglichen Interpretationen öffnet.
Das zweite österreichische Gewinnerprojekt entstand im Studio für visuelle Gestaltung „Beton – Gruppe für Gestaltung“. Mit dem Festivalplakat zu den Dokumentarfilmtagen in der bayerischen Kreisstadt Schwandorf überzeugten Oliver Hofmann, Benjamin Buchegger und Daniel Car die Jury heuer bereits zum zweiten Mal mit einer rein typografischen Lösung. 11 Dokumentarfilme waren im Jahr 2015 unter dem Motto „Formen des Widerstands“ zu sehen.
Eine überraschend poetische Umsetzung gelingt Timo Lenzen, Student an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main, mit seinem Plakat stripped hills für ein Gleitgel des Durex-Konzerns in China. Nackte, grafisch aneinandergereihte Körper, deren konturierte Linien sich zu einer bunten Hügellandschaft zusammenfügen, bringen Produkt und Visualisierung auf einfallsreiche Weise in Einklang.
Mit einem ganz in Schwarz-Weiß gehaltenen Plakat präsentieren Erich Brechbühl und Kim Migliore die Kopfhörerpartys im Schwimmbecken des ehemaligen städtischen Hallenbads der Stadt Luzern. Brechbühl und Migliore transponieren das Thema silence of the dance in grafisch sachlicher Manier: Ein Kopfhörerkabel schlingt sich zur titelgebenden Schrift zusammen, wobei die in den Hintergrund verschwimmende Kontur des Kabels an Tanzbewegungen erinnert.
Die klischeehafte Alpenromantik war im Jahr 2015 das Thema mehrerer Schweizer Siegerprojekte. Ollie Schaich und Ruedi Zürcher von Bureau Collective gestalteten mit der Fotocollage Andermatt beispielsweise Plakate für den Schweizer Tourismus. Unter der Verwendung einer Fotografie von Charles Nègre entwarfen sie neue Plakate für eine Initiative des Vereins Weltformat zur Bewerbung touristischer Ziele in der Zentralschweiz. Die Fotocollage fügt stereotype Gegenden wie grüne Almwiesen, Wald- und Seenlandschaften mit Gletschern und Gebirgsmassiven auf bewusst dilettantisch wirkende Weise aneinander. Topografisch ist das gezeigte Motiv nicht zu verorten, aber genau diese Vorgehensweise macht den Reiz des Plakates aus. Der sich nach oben verjüngende typografische Schriftzug gibt dem Sujet zusätzlich Tiefe und Dynamik.
Der jährlich in einer anderen Stadt einberufene AGI Kongress (Alliance Graphique Internationale) fand 2015 in Biel (CH) statt. Giorgio Pesce aus dem Atelier Poisson nahm sich der Ankündigung des Kongresses auf mutige unorthodoxe Weise an. Ganz im Stil eines Fotoplakates der 1970er Jahre lässt Pesce einen Bernhardiner mit Proviantweste und Fässchen vor dem Berg Großer Sankt Bernhard posieren. Das Plakat funktioniert im Sinne eines Retro-Klassikers schweizerischer Machart. Tradierte Sujets werden mit veränderten Inhalten in kreative Kontexte gebettet und wirken somit erfrischend neu.
Text: MAK | Foto: MAK
Externer Link: MAK
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