von Dieter Begemann //
Zeitgleich zu den Megaevents in Venedig und Kassel/Athen lädt das Kunstwerk Carlshütte zur jährlich stattfindenden Sommerschau NordArt: In den alten Industriehallen, die in einem Landschaftspark reizvoll eingebunden sind, ist auch dieses Mal ein repräsentativer Querschnitt aktuellen Kunstschaffens zu sehen. Grundgedanke der seit 1999 stattfindenden Schau im schleswig-holsteinischen Büdelsdorf (bei Rendsburg) ist der eines internationalen Forums für den kulturellen Austausch und den produktiven Dialog zwischen Einzelkünstlern und zwischen nationalen Kunstszenen. „Nur wer sich die Welt ansieht, beginnt zu begreifen!“, so der Chefkurator der NordArt, Wolfgang Gramm. Die Jury hatte dabei auch diesmal eine schwierige Aufgabe zu bewältigen, waren doch knapp 3.700 Bewerbungen von Künstlern aus 99 Ländern rund um den Globus zu sichten.
Resultat ist eine Ausstellung, die mit ungefähr 200 Positionen eine breite Auswahl zeitgenössischen Kunstschaffens vorstellt: Installationen, Medienarbeiten, Großskulpturen im Freigelände. Auffällig ist aber die sichtlich große Bedeutung, die bei der NordArt auch den klassischen Bildmedien Malerei und Zeichnung zugemessen wird, eine Besonderheit, welche die Schau in der Carlshütte unterscheidet von den erwähnten Großveranstaltungen. Die Tradition eines besonderen Länderschwerpunktes wird fortgesetzt; zu Gast ist diesmal das Nachbarland Dänemark. Für die Auswahl im dänischen Pavillon ist eine eigene Kuratorin verantwortlich, Jette Gejl aus Aarhus. Schon bei der Vorplanung sei ihr klar geworden, so Gejl – sie arbeitet als Künstlerin mit historischen Landmaschinen aus der großväterlichen Sammlung -, dass die Suche nach etwas typisch Dänischem heute sinnlos sei. Stattdessen knüpft sie an die im Lande bis auf den heutigen Tag lebendige Tradition der Künstlergruppen und -kollektive, die mit ihren engen Netzwerken das Bild der Szene geprägt hätten. Künstlerische Individualität und Gruppenzusammenhang, das hätte damals kein Widerspruch sein müssen und biete auch ein Modell für die Zukunft.
Ein weiteres Spotlight liegt auf dem „Focus Artist“, eine Position, die heuer David Cerny besetzt. Der Preisträger des Vorjahrs bekommt hierbei im jeweils nächsten Jahr eine kleine Einzelschau. Der tschechische Künstler verknüpft in seinen witzigen und provokanten Arbeiten auf sehr spezielle Weise Bildhauerei mit beweglichen Elementen und Licht: so bei einem aus vielen, gegeneinander beweglichen Lagen geschichteten Kopf Kafkas oder einer schreitenden Figur, die bewegungsunscharfe Speedlines aus Licht hinter sich herzieht. Verblüffend ist Cernys „Pegasus“ mit Sternmotor samt drehendem Propeller … Und, nicht zu vergessen, neben den ausgewählten individuellen Positionen aus aller Welt findet sich noch ein weiterer Schwerpunkt, den diesmal Künstler aus China bilden. Am Spektakulärsten sind hier wohl die gigantischen Assemblagen aus Industrieschrott von Xu Bing, aber auch sonst lohnt sich der neugierige Blick!
Text aus der kunst:art 56
NordArt
10.6. – 8.10.2017, Kunstwerk Carlshütte
Vorwerksallee, D-24782 Büdelsdorf
Tel.: +49-4331-354695
Di – So 11 – 19 Uhr
Eintritt: 12 €, erm. 10 €
www.nordart.de
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