Der Mensch und sein Genius. – Rodin, Rilke und Hofmannsthal in der Alten Nationalgalerie

17.11.2017 – 18.3.2018 | Alte Nationalgalerie

Auguste Rodin, Der Held (Der Mensch und sein Genius), um 1896.

 

von Christian Corvin //

 

Wenn man an Skulpturen denkt, dann ist für die Zeit der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert Rodin das Maß, an dem sich alle messen müssen, so wie im 16. Jahrhundert Michelangelo das Maß war. Einige der Werke Rodins sind im kulturellen Kanon präsent, wie nur wenige ausgesuchte Arbeiten anderer Künstler. Gerade die Skulptur „Der Denker“ dürfte Kraft seiner Bekanntheit auf einer Stufe mit Werken wie der „Mona Lisa“, der Friedenstaube von Picasso, der Campbell-Suppen-Dose Warhols, dem David von Michelangelo und einigen wenigen anderen stehen.

Auguste Rodin (1840 – 1917) ist vor genau hundert Jahren gestorben. Museen weltweit, mit Schwerpunkten in Frankreich und den USA, begehen das mit großen Rodin-Ausstellungen. Die Alte Nationalgalerie in Berlin reiht sich in diesen Reigen ein und kann auch mit eigen Rodin-Werken glänzen. So ist auch ein Abguss vom „Der Denker“ (1880 – 1882) in der Nationalgalerie in der Monumentalversion vertreten, doch im Mittelpunkt der Ausstellung zum 100. Todestag steht in Berlin eine andere, eine viel unscheinbarere Skulptur, nämlich die Statuette „Der Held (Der Mensch und sein Genius)“ (um 1896). Dabei handelt es sich um eine Figurengruppe mit einem Mann im Zentrum, dem sich ein kleiner weiblicher Genius mit Schwingen entzieht, die das Sinnbild künstlerischer Inspiration darstellen soll.

Naturgemäß ein Thema, von dem sich Künstler verschiedenster Gattungen angezogen fühlen. Die Nationalgalerie macht sich nun geschickt und sinnig zu Nutze, dass die Berliner Statuette eine spannende Provenienz hat, die bis zu Rodin selbst nachvollziehbar ist. Hugo von Hofmannsthal sah 1900 in Rodins Atelier den Gipsentwurf und bestellte sofort einen Bronzeguss für seinen Schreibtisch, auf dem sie dann 20 Jahre stehenblieb und gewissermaßen zu seiner bronzenen Muse wurde. Finanzielle Not zwang ihn dann endlich diese zu verkaufen. Der Schweizer Sammler Werner Reinhart kaufte sie und von dort kam sie dann später zur Berliner Nationalgalerie.

Eng umwoben ist die Geschichte dieser Statuette aber auch mit Rainer Maria Rilke, der genau zu dieser Skulptur sein Gedicht „Nike“ schrieb. Später war er es auch, der den Verkauf von Hofmannsthals Skulptur zum Schweizer Sammler Reinhart vermittelte. Und Rilke war es auch, der mit seinen Schriften maßgeblichen Anteil an der Popularität Rodins im deutschsprachigen Raum hatte.

Eine kleine Statuette, die den Künstler und seinen Genius zum Thema hat und damit ein Stück weit auch Rodin selbst skizziert, verbindet in einer direkten Linie Rodin, Rilke, Hofmannsthal und die Nationalgalerie in Berlin. Man müsste es erfinden, wäre es nicht Realität!

Die Ausstellung in der Nationalgalerie zeigt neben der erwähnten Kleinskulptur Rodins Meisterwerke aus der Sammlung, daneben aber auch zusätzliche Leihgaben aus dem Musée Rodin in Paris und der Bremer Kunsthalle. Zusätzlich sind auch Autographen, Briefen, Schriften und Fotografien aus den Nachlässen Rilkes und Hofmannsthals zu sehen.

 

Rodin – Rilke – Hofmannsthal. Der Mensch und sein Genius
17.11.2017 – 18.3.2018, Alte Nationalgalerie
Museumsinsel Berlin, Bodestr. 1-3, D-10178 Berlin
Tel.: +49-30-266424242
Di – So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 20 Uhr
Eintritt: 12 €, erm. 6 €
www.augusterodininberlin.de

 

Text aus der kunst:art 58

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