von Dieter Begemann //
Schon ein Hingucker, diese von Pelz hinterlegte Hand: Faszinierend und auch irgendwie ziemlich gefährlich, wie dünne Finger da eine getigerte Muschel präsentieren, deren köstlich aprikosenfarbenes Inneres zugleich lockt und unzugänglich ist unter den ausschweifend langen und spitzigen Fingernägeln… Das Objekt der US-Amerikanerin Roxanne Jackson steht zeichenhaft für eine aktuelle Schau im Wiener Kunstraum Niederösterreich. Ausgehend vom feministischen Interesse an der Figur der Hexe wird hier ein aktueller gesellschaftlicher Diskurs mit künstlerischen Aussageformen, Objekten, Performances und Filmen zu Dissidenzen zusammengebracht.
Aber wo die DDR-Autorin Irmtraud Morgner 1983 mit Amanda. Ein Hexenroman noch vergleichsweise spielerisch unterwegs war, wissen wir heute, dass sprachliche Definitionsmacht eine todernste Angelegenheit ist: Die so genannten „alternativen Fakten“ sind Lügen, die zur Wahrheit werden sollen. Ebenso diffamierte (bis erschreckend weit in die Neuzeit) die Mehrheitsgesellschaft gern solche Menschen als Hexen, die sie loswerden wollte: oft ältere Frauen, Herumziehende oder, unser heutiger Sprachgebrauch, queere Subjekte. Im Magic Circle versammeln die Kuratorinnen Katharina Brandl und Daniela Brugger neben der Erwähnten ein rundes Dutzend Künstlerinnen aus Österreich, der Schweiz, Frankreich, Großbritannien, USA und Russland. Deutlich in jedem Fall, dass im Hexenhaften die Abweichung von der Norm Diffamierung wie auch spezifischen Erkenntniszugang bedeutet.
Magic Circle
23.3. – 15.5.2018, Kunstraum Niederösterreich
Herrengasse 13, A-1010 Wien
Tel.: +43-1-9042111
Di – Fr 11 – 19 Uhr, Sa 11 – 15 Uhr
Eintritt frei
www.kunstraum.net
Text aus der kunst:art 60
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