Unerhört! Görlitzer Expressionismus im Kulturhistorischen Museum Görlitz

Kulturhistorisches Museum Görlitz | bis zum 4.11.2018

Willy Schmidt, Dame in Gelb, 1932

von Mathias Fritzsche //

Künstler des Expressionismus sind in Deutschland besonders beliebt. Ernst Ludwig Kirchner, Max Pechstein und auch Karl Schmidt-Rottluff locken die Besucher in die Museen und auch andere Expressionisten verzeichnen steten Zulauf. Der Expressionismus war aber nicht beschränkt auf eine Stadt oder auf eine Künstlergruppe wie die „Brücke“ in Dresden – vielmehr gab es in vielen Städten regional ausgeprägte Spielarten des Expressionismus, die mal mehr oder auch mal weniger bekannt und einflussreich waren.

Keine 100 Kilometer von Dresden entfernt in Görlitz, heute an der polnischen Grenze gelegen, dauerte es bis in die 1920er Jahre hinein, bis der Görlitzer Expressionismus richtig Fuß fassen konnte. Begünstigt durch den Umbruch der Gesellschaft nach dem Ersten Weltkrieg und das Ende der Monarchie war man offen für Neues, hatte sich das Alte, das Traditionelle doch politisch und militärisch nicht bewährt. Man kannte in Görlitz die Künstler der „Brücke“, da sie schon 1907 in der sächsischen Stadt eine Ausstellung hatten, doch damals war die Zeit dort noch nicht reif für diese Stilrichtung.

Die Görlitzer Expressionisten sind sicherlich nicht die bekanntesten Künstler ihrer Zeit, was aber nicht nur qualitative Gründe hat, sondern auch den Lebensläufen der Protagonisten geschuldet ist. Fritz Neumann-Hegenberg (1884–1924) war einer der Gründer des Jacob-Böhme-Bundes als Sondergruppe im Kunstverein Lausitz, einer Gruppe, die als Görlitzer Pendant zur Dresdner Brücke gesehen werden kann: Kräftige Farben und eine vergleichbare Formensprache hier wie dort! Doch Neumann-Hegenberg starb bereits vier Jahre nach der Gründung und auch der Schriftsteller und Maler Joseph Anton Schneiderfranken, neben Neumann-Hegenberg der zweite maßgebliche Initiator der Gruppe, zog bereits 1923 von Görlitz weg in die Schweiz, wo er 1943 starb.

Andere aus der Gruppe, wie beispielsweise Dora Ko¬lisch (1887–1962) oder Willy Schmidt (1895–1959), haben noch bis in die 1950er und -60er Jahre in Görlitz gelebt. Der Nationalsozialismus hat dann auch den Görlitzer Expressionismus zwar unterbrochen, viele seiner Protagonisten vertrieben oder umgebracht, aber in der DDR der Nachkriegszeit setzten einige dort wieder an, wo sie unter Druck in der ersten Hälfte der 1930er Jahre aufgehört haben.

Die Ausstellung im Kulturhistorischen Museum Görlitz ist die erste, die sich speziell mit dem Görlitzer Expressionismus auseinandersetzt. Herzstück der Ausstellung sind die mehr als 200 Gemälde, Aquarelle, Grafiken, Kupferstiche, Holzschnitte, Fayencen und Bücher. Einige der Künstler waren nicht nur Maler, sondern auch Schriftsteller. Insbesondere Joseph Anton Schneiderfranken war vor allem für sein 32-bändiges „Hortus Conclusus“ bekannt. Um die Stimmung der Zeit einzufangen, haben die Kuratoren im Vorfeld der Ausstellung die Görlitzer aufgerufen, ihnen Bilder aus den 1920er Jahren zur Verfügung zu stellen. Diese Bürger-Schätze runden die Ausstellung ab, man befindet sich mitten in der Zeit des Görlitzer Expressionismus.

Unerhört! Expressionismus in Görlitz
bis zum 4.11.2018
Kulturhistorisches Museum Görlitz
Neißstr. 29
D-02826 Görlitz
Tel.: +49-3581-671355
Di – Do 10 – 17 Uhr, Fr – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 3,50 €
www.goerlitzer-sammlungen.de

Erstveröffentlichung in kunst:art 63
Text: Mathias Fritzsche | Bild: Kulturhistorisches Museum Görlitz

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Ein Thema jagt das nächste: Der Wochengipfel hält ein oder zwei Themen fest und bringt sie in Erinnerung. Was war vergangene Woche so wichtig, dass man Schnappatmung bekam und ist diese Woche dennoch schon vergessen? Oder über welche Nachricht hat man sich so gefreut, dass man auf den Balkon ging und die Nachricht für die ganze Welt in den Abendhimmel geschrien hat?
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