BRAFA 2019

26.1. – 3.2.2019 | Brüssel

BRAFA 2019 mit Gilbert & George

Eklektizismus und „Cross Collecting“ – schon so viele Jahre beschreiben diese Schlagworte die Entwicklung des Kunstmarktes, dass Trendforschern langweilig werden könnte. Nicht mehr der enzyklopädischen Vervollständigung eines Interessengebietes, das von anderen meist als Nische wahrgenommen wird, gilt das Streben des gegenwärtigen Kunstsammlers oder besser -käufers. Vielmehr sucht sich jeder aus allem die Stücke aus, in denen sie oder er sich ganz persönlich beschrieben fühlt oder die einfach unter Verzicht auf alle Theorie schön gefunden werden. In Belgien hat dieser Ansatz ein Zuhause. Das Konzept der BRAFA sieht ausdrücklich vor, die Messekojen der unterschiedlichen Spezialisten nicht zu trennen, sondern in eine lebendige Mischung zu bringen. Zwar hat auch auf der altehrwürdigen TEFAF, der großen Messe für Alte Meister im Niederländischen Maastricht, über die letzten Jahre mehr und mehr Kunst der Moderne und Zeitgenossen als Garant für wachsende Umsatzsummen aufgenommen, doch werden die Bereiche sorgfältig getrennt auf unterschiedlichen Sektoren der Halle verteilt.

In Brüssel dagegen herrscht die Vielfalt, auch im Geschmack der Aussteller. Von Minimalismus bis zu verzierungsbegeisterten Rokoko ist in der Gestaltung der Messestände alles zu finden. So versinken die Präsentationen von Steinitz aus Paris oder jene des Kunsthandels Röbbig in überbordendem Dekor. Die Münchener sind erstmals in Brüssel dabei und setzten zur Präsentation von Porzellan und Möbeln, vornehmlich des 18. Jahrhunderts, auf ihren bewährten Auftritt. In ihrem Stand wandelt man auf altem Parkett und vergisst, dass man sich in einer Messehalle befindet. Diese Installation kennt man aus der Münchener Residenz, wo die Galerie regelmäßiger Teilnehmer der Messe Highlights ist, oder aus dem Grand Palais in Paris. Zumindest bisher, denn an der dortigen Biennale des Antiquaires plant Röbbig zur kommenden Ausgabe keine Teilnahme mehr.

Imi Knoebel, “Bild 05.12.2017”, 2017 (Patrick De Brock Gallery)

Wenige Schritte weiter setzt man dagegen auf Minimalismus. Hier lässt die Galerie Patrick De Brock deutlich ihren ganz anderen Weg auf die BRAFA erkennen, an der sie seit Jahren regelmäßig teilnimmt. Nur sechs Werke hängen an den Wände, die den Stand an der Kreuzung zweier Gänge in nur zwei Richtungen begrenzen und der den Betonboden des Ausstellungsgebäudes nicht versteckt. Die Beschriftungen zu den zeitgenössischen Werken sind mit Bleistift an die Wände geschrieben. Man kann gut nachvollziehen, dass Patrick De Brock in früheren Zeiten noch auf dem fast vergessenen Berliner Art Forum vertreten war. Der Stil der Koje passt zur gezeigten Minimal Art wie Imi Knoebels „Bild 05.12.2017“.

Werkstatt des Baccio da Montelupo, Corpus (Sandro Morelli)

Dass minimalistische Konzepte kein Vorrecht der Zeitgenossen sind beweist der Kunsthandel Sandro Morelli aus Florenz. Auch hier geht man auf dem nackten Betonboden, an den Wänden dagegen hängen Werke der Renaissance. Ein Rahmen ohne Bild aus dem 16. Jahrhundert ebenso wie ein Korpus des gekreuzigten Christus ohne Kreuz. Dafür lassen sich die Arme der Skulptur bewegen. Zur Passionszeit konnte der Körper von seinem sicher in der Vergangenheit vorhanden gewesenen Kreuz abgenommen und die Arme angelegt werden. Für 55.000 Euro ist das Stück zu erwerben.

In großen Mengen sind noch Werke des im vergangenen Oktober verstorbenen Mel Ramos in der Guy Pieters Galerie zu haben. Am ersten der drei Vorabbesichtigungstage der Messe war noch ein ganzer Raum mit seinen Arbeiten gefüllt – das aber war wohl auch überzeugten Anhängern von Popart zu viel. Tags darauf waren nur noch zwei Exemplare der in Verbindung mit allerlei Konsumwaren drapierten nackten Frauen zu sehen. Es seien aber noch genügend weitere in vielen verschiedenen Größen auf Lager, wird von den Mitarbeitern versichert.

Philippe Geluck, “faux Soulages…”, 2018 (Huberty & Breyne Gallery)

Typisch belgisch ist auch die Begeisterung für Comics. In Deutschland waren Versuche, sie in den Kanon des Kunstmarktes einzubringen, von zurückhaltendem Erfolg. In Belgien als einem der Ursprungsländer dieser Gattung ist die Hochachtung größer. Insbesondere Hergé gehört zu den auf der BRAFA am höchsten gehandelten Künstlern. Zwei Blätter aus dem „Album à colorier“ sind bei der Belgien Fine Comic Strip Gallery für 2 Millionen Euro angeboten. Satirisch verarbeitet der Brüsseler Comiczeichner Philippe Geluck den Eingang von Comic in die Welt der Fine Arts. Seine in Acryl auf Leinwand gemalten Pointen wie der „vielleicht falsche Soulages – trotzdem ein echter Geluck“ sind bei der Huberty & Brenne Gallery für 35.000 Euro zu haben.

Dinka Statue, 1881 – 1915 (Bernard De Grunne Tribal Fine Arts)

Ihren Standort Brüssel lässt die BRAFA auch in der Präsenz der jüngst intensiv diskutierten Prämodernen Kunst erkennen, die trotz Protesten vieler Sammler und Händler häufig noch als Tribal Art bezeichnet wird. Brüssel gilt neben Paris als ein Zentrum für ihren Handel. Die Bernard De Grunne Tribal Fine Arts Gallery führt den umstrittenen Begriff zwar noch im Namen, allerdings tragen Händler wie er einen achtenswerten Teil zur Kenntnis dieser Kunst in Europa bei. Highlight in seinem Messeauftritt sind Statuen der Dinka, einer Ethnie des Südsudan. Ihnen hat der promovierte Experte für Afrikanische Kunst eine eigene Forschungsarbeit gewidmet. Die Statuen stehen für Preise zwischen 50.000 und 300.000 Euro zum Verkauf.

In ihrer Vielfalt der Sammelgebiete gerät die BRAFA zwar auch qualitativ in unterschiedliche Bereiche. Dass hier die Mischung aber der Überzeugung der Veranstalter entspringt und kein Zugeständnis an die Launen der Moden sind, die auch auf den Kunstmarkt wirken, macht Freude.

BRAFA Art Fair
26.1. – 3.2.2019
Tour & Taxis
Avenue du Port 88
B-1000 Brüssel
26.1. – 3.2. 11 – 19 Uhr, 31.1. 11 – 22 Uhr
Eintritt: 25 €, erm. 10 €
www.brafa.art

Text: Jan Bykowski | Bilder: Atelier Verlag | Patrick De Brock Gallery | Jan Bykowski | Huberty & Breyne Gallery | Bernard De Grunne Tribal Fine Arts
Die Recherche für den Beitrag wurde durch eine Pressereise der BRAFA unterstützt.