Er hat fast die ganze Entwicklung des Kubismus aus nächster Nähe miterlebt und aus dem Austausch mit den Größten seinen Stil entwickelt. Gleichzeitig war Josef Pillhofer ebenso seiner österreichischen Heimat verhaftet. Zwei große Ausstellungen in Graz und Wien betrachten den Bildhauer und Kubisten parallel aus unterschiedlichen Perspektiven.
Dabei war diese ihrerseits schon fast kubistische Koinzidenz ursprünglich gar nicht geplant. Das Museum Leopold wollte dem Künstler schon im vergangenen Jahr zu seinem zehnten Todestag eine große Retrospektive widmen. Doch Covid hat eine Terminverschiebung erforderlich gemacht, so dass erst in diesem Jahr, zu seinem 100. Geburtstag, die Ausstellung „Josef Pillhofer – Im Dialog mit Cézanne, Giacometti, Picasso, Rodin…“ eröffnet wird. Der vielversprechende Titel hält die Aufzählung zu Recht offen, denn die Liste prominenter Gesprächspartner Pillhofers ist noch nicht vollständig. Sie darf etwa durch Paul Celan oder Maria Lassnig ergänzt werden. Das Leopoldmuseum nimmt das Publikum mit in diese illustre Welt des Josef Pillhofer. Vergrößerte Fotografien seines Ateliers beschreiben den Rahmen, in dem es in der Ausstellung zum Austausch der Künstler anhand ihrer Werke kommt. Noch zu Studienzeiten in Wien riet Pillhofers Lehrer Fritz Wotruba ihm: „Schau dir den Picasso an“.
Das hat er in Paris getan, seine Zeichnung „Kopf“ gibt Zeugnis davon. In Wien kann jedermann der Empfehlung nachkommen: Die Sammlung Würth hat Picassos „Le corsage orange – Dora Maar“ in die Ausstellung geliehen und hier trifft es auf Pillhofers Zeichnung. Seine Bronze „Badende“ ist zusammen mit Cézannes Gemälde „Baigneurs“ zu sehen, ebenso wie Arbeiten zahlreicher weiterer Künstler, die ihn besonders während seiner Zeit in Paris beeinflusst haben. Darunter auch Werke von Künstlern, die Pillhofer während seines Parisaufenthaltes in den 1950er-Jahren nicht mehr persönlich getroffen hat, wie etwa des wenige Jahre zuvor verstorbenen Aristide Maillol.
Zurück in Wien nimmt seine Karriere weiter Fahrt auf, zweimal wird er Österreich auf der Biennale in Venedig vertreten. Ab 1970 ist er Professor an der Akademie der Bildenden Künste in Wien und somit fest etabliert. In seinem Heimat-Bundesland Steiermark leitete er ab demselben Jahr die Meisterklasse der Ortweinschule in Graz. Das Joanneum stellt hier in einer Personale Pillhofers Zeichnungen mit seinen daraus entwickelten bildhauerischen Arbeiten zusammen. Aus zweidimensionalen Ansätzen entwickeln sich in der Ausstellung „von 2 auf 3 – 100 Jahre Josef Pillhofer“ dreidimensionale Werke in den Sujets Landschaft, Architektur und gerade auch Figuren. Oft sind es dabei auch nur Details, die den Weg vom Blatt in die räumliche Arbeit gefunden haben. Wiederum scheint hier auch Paris durch, insbesondere die Ausbildung bei Ossip Zadkine, dessen Schüler Pillhofer dort war. Oft aber scheinen die Bronzen geradezu aus Blättern zusammengefügt zu sein und haben große Ähnlichkeit mit seinen Collagen. Mara Lassnig begegnet uns hier wieder, als Porträtbronze in ebendieser Weise.
Josef Pillhofer. 100 Jahre Josef Pillhofer
2.7. – 24.10.2021
Neue Galerie Graz
Joanneumsviertel
A-8010 Graz
Tel.: +43-316-80179100
Di – So 10 – 17 Uhr
Eintritt: 10,50 €, erm. 4 – 9 €
www.neuegaleriegraz.at
Text: Jan Bykowski
Bild: Neue Galerie Graz
Erstveröffentlichung in kunst:art 80