Dass der 90. Geburtstag eines der wenigen Weltstars, die die Malerei aus Deutschland derzeit zu bieten hat, angemessen gefeiert werden muss, ist klar. Der angemessenste Ort für eine Festausstellung ist wohl jenes Museum, das mit der Geschichte des Künstlers fast so eng verwoben ist wie der Erfolg des Hauses mit dem Künstler. Denn das Museum Ludwig fußt zu einem guten Teil auch auf Arbeiten Richters, aus deren Schenkung durch das Sammlerehepaar Irene und Peter Ludwig das Haus erst entstanden ist. Heute ist es in der exklusiven Position, dem teuersten Maler der Welt zum Geburtstag eine Sonderausstellung mit Werken aus eigenem Bestand ausrichten zu können. Dabei ist das eine durchaus gerechte Position, denn auch die Laufbahn des selbst angesichts zweistelliger Millionenerlöse für seine Bilder bescheidenen Richter wäre ohne die Präsentation und Pflege seiner Werke durch das Kölner Haus vielleicht nicht dieselbe.
Dabei war Richter eher zufällig nach Köln gekommen. Erst 1961 war der Dresdner in der Bundesrepublik angelangt, zuvor war er in seiner Geburtsstadt bereits erfolgreich und mit seiner Arbeit im öffentlichen Raum zu sehen. Dann aber floh er aus der DDR und schloss auch mit seinem bisherigen Künstlerleben weitgehend ab. Arbeiten der 50er-Jahre soll er sogar verbrannt haben, später wurde er nicht unbedingt gern auf ältere Werke angesprochen. In Düsseldorf begann sein „zweites“ Künstlerleben an der Akademie im Kreise von Kommilitonen wie Sigmar Polke oder HA Schult. Nach Köln brachte ihn erst ein günstiges Grundstück. In Köln fanden auch seine später ikonisch gewordenen Arbeiten wie die „Ema (Akt auf einer Treppe)“ von 1966 eine Heimat, und zwar im Museum Ludwig. Später kamen die „Fünf Türen“ hinzu. Passend zum Jubeltag sind sie aus der Restaurierung zurück und jetzt erstmals wieder ausgestellt. Nicht nur solche Gruppen wie die „Fünf Türen“ oder Fotobilder wie „Ema“ sind im Bestand des Hauses, auch seine inzwischen am teuersten gehandelten farbigen Abstraktionen können gezeigt werden. Die Leinwand „Krieg“ von 1981 kam später als Schenkung an das Haus. Erst im letzten Jahr gelang es der Gesellschaft für Moderne Kunst am Museum Ludwig, die „Neun Objekte“ aus dem Jahre 1961 für das Haus zu sichern. So kann man de Jubilar wohl zustimmen, wenn er das Museum Ludwig als sein „Heimatmuseum“ bezeichnet. Seine Geburtsstadt Dresden hat er dabei nicht vergessen, dort zeigen die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden mit Unterstützung von Richter „Portraits. Glas. Abstraktion“.
Er selbst hält sich indessen in seiner neuen Heimat Köln auf, wohl vor allem, um die Reise zu vermeiden. Aber vielleicht auch, weil er ein wesentlicher Teil der jüngeren Kunstgeschichte am Rhein ist, wo seine Weltkarriere begonnen hat. Zwar wird man Gerhard Richter auch hier, wo er zurückgezogen und seit zwei Jahren im „Ruhestand“ lebt, wohl kaum begegnen. Was man aber erleben kann, ist eine Reise durch seine Schaffensphasen und einen Blick in eine der hochwertigsten Kollektionen seiner Arbeit.
Sammlungspräsentation zum 90. Geburtstag von Gerhard Richter
1.2. – 1.5.2022
Museum Ludwig
Heinrich-Böll-Platz
D-50667 Köln
Tel.: +49-221-22126165
Di – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 11 €, erm. 7,50 €
www.museum-ludwig.de
Text: Jan Bykowski
Bild: Museum Ludwig
Erstveröffentlichung in kunst:art 84