Ein schnauzbärtiges Männergesicht und die Umrisse (weiblicher?) Beine, ein bemützter Herr aus dem Nürnberg des 16. Jahrhunderts („Dürers Bruder“), Tintenkleckse, die zu Vogelformen mutieren, welche sogleich munter über das Blatt flattern („Vogeltanz“): Kaum ein passenderer Landeplatz inmitten dieses atemlosen Reigens wäre denkbar als der architektonisch wunderhübsch verspielte Museumspavillon der Salzburger Stadtgalerie. Die einzige noch perfekt erhaltene höfische Vogelvoliere (seit 2015 wieder als Kunstort genutzt) ist Bühne einer Soloschau des 1950 in Salzburg geborenen Herwig Bayerl. Nach dem Studium der grafischen Künste führten den Künstler Arbeitsreisen an so unterschiedliche Ziele wie Trondheim, Bali und Nepal. Eine langjährige Professur für Grafik an der Hochschule Mozarteum im heimischen Salzburg (er hat in der Stadt noch heute einen Wohnsitz) gab Gelegenheit, die erreichte handwerklich-technische Perfektion an Studenten weiterzugeben, im digitalen Zeitalter allein schon ein Verdienst!
In seiner künstlerischen Arbeit ist Bayerl heute in einer Reihe von Medien unterwegs, zur Grafik kamen noch Fotografie und Malerei hinzu (sowie Kinderbücher) – all dies natürlich auch eine mit Enthusiasmus genutzte Möglichkeit, Farbe ins bildnerische Spiel zu bringen. „Introspektive – the self (selfie) – ein Porträt“ bezieht den ganzen Horizont des Künstlers ein, immer beim Versuch des Abgleichs zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung, Wunsch und Wirklichkeit.
Herwig Bayerl. Introspektive
6.4. – 9.6.2022
Stadtgalerie Museumspavillon
Im Mirabellgarten
A-5024 Salzburg
Tel.: +43-662-80723443
Mo – Fr 14 – 18 Uhr, Sa + So 11 – 15 Uhr
Eintritt frei
www.stadt-salzburg.at/orte/staedtische-galerien
Text: Dieter Begemann
Bild: Stadtgalerie Museumspavillion
Erstveröffentlichung in kunst:art 85