Posthumane Gegenpoetik

19.7. – 10.9.2022 | Kunst im Traklhaus

„Ein Denken menschlichen Lebens“ – so könnte sich die künstlerische Praxis von Flaka Haliti (* 1982) beschreiben lassen, die sie in Zeichnungen, Fotografien und Skulpturen zu großformatigen Rauminstallationen fügt. Ihr bildhauerisches Schaffen ist politisch und zugleich poetisch, ihre Formensprache abstrakt mit Alltagsbezügen. Dabei schlägt sie thematisch weite Bögen von Identitätskonstruktionen bis hin zu geopolitischen Fragen; auf Basis sinnlicher, visueller Konzepte werden Kategorien wie Geschlecht oder Nationalität ebenso verhandelt wie territoriale Grenzen und staatliche Zusammenschlüsse, beispielsweise die UN und die Europäische Union.

Ihre erste Einzelausstellung in Österreich wird der multimedialen Kunst von Flaka Haliti nun im Traklhaus gewidmet, wo die Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst Salzburg zu Gast ist.
Im Kosovo geboren, lebt und arbeitet die Künstlerin heute in München. Sie hat Grafikdesign an der Kunstfakultät der Universität Pristina und Kunst an der Städelschule in Frankfurt studiert, war unter anderem Stipendiatin an der Villa Romana in Florenz, Gewinnerin des Ars Viva Preises 2015 und vertrat im selben Jahr die Republik Kosovo auf der 56. Venedig Biennale. So bestimmten kontinuierliche Ortswechsel ihre künstlerische Entwicklung und fanden Eingang in ihre Kunst, verankerten eine latente Ortlosigkeit, die in einem fruchtbaren Spannungsfeld steht zu ihren ortsspezifischen Werken.

Für ihre Auseinandersetzung mit den räumlichen Gegebenheiten im Geburtshaus des Dichters Georg Trakl hat sie das Designstudio Metahaven eingeladen, mit ihr einen Raum für Kunst und Diskurs entstehen zu lassen. Das Kollektiv setzt mittels Film, Schrift und Installation ein Interesse an Poetik und dem Geschichtenerzählen um. Hier zeigen sich Schnittstellen mit Halitis Blick auf eine Welt digitaler Posthumanität, der stets zwischen Poesie, Humor und Analytik changiert.

Die Internationale Sommerakademie, die Kooperationspartner der Schau ist, gilt als die älteste ihrer Art in Europa, da sie bereits 1953 von Oskar Kokoschka als „Schule des Sehens“ auf der Festung Hohensalzburg gegründet wurde. Sie bietet verschiedenste Workshops bei internationalen Kunstschaffenden zu aktuellen Fragen der Kunstproduktion. Das begleitende Veranstaltungsprogramm ist mannigfaltig mit Kunstgesprächen, kunsthistorischen und kunsttheoretischen Vorträgen und Ausstellungen, wie auch jene von Flaka Haliti, die zudem einen Kurs anbieten wird unter dem Titel „Spatial Negativity and Hijacks through Hybrid Materiality“.

Solch hybride Materialität, die ihren Ursprung in den fortwährenden Ortswechseln der Künstlerin hat, überführt sie nun gemeinsam mit Metahaven in eine hybride Räumlichkeit. Dabei ist für sie die abstrakte Form eines Objekts oder ein neutraler Raum niemals „unschuldig“, sondern vielmehr selbst eine Form des Lebens, und spielt eine entscheidende Rolle im Lauf der Geschichte – jener Geschichte, in die sie eingreifen möchte mittels visueller und politischer Strategien, und nicht zuletzt einer Prise Humor.

Ninja Elisa Felske lebt und arbeitet als Journalistin in Köln.

Flaka Haliti
19.7. – 10.9.2022
Kunst im Traklhaus
​Waagplatz 1a
A-5020 Salzburg
Tel.: +43-662-80422149
Di – Fr 14 – 18 Uhr, Sa 10 – 13 Uhr
Eintritt: frei
www.traklhaus.at

Text: Ninja Elisa Felske
Bild: Kunst im Traklhaus
Erstveröffentlichung in kunst:art 86

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