Leckere Käsestückchen laden zum Verzehr, das Messer liegt schon griffbereit und gleich daneben lockt ein Grillspieß mit Schinken und Gemüse: Wem hier das Wasser im Munde zusammenläuft, sollte bedenken, dass das Menü wohl ziemlich schwer verdaulich sein wird. Denn die finnische Künstlerin Heini Aho, sonst bekannt für ihre skurrilen Balanceakte mit Vasen und Steinen auf Holzplanken, hat für „Surreal Salad Balance“ zum Schaumgummi als Material gegriffen. Die alte Gattung des Stilllebens, in den romanischen Sprachen eindringlicher als „tote Natur“ bezeichnet, gibt der Stadtgalerie Kiel Gelegenheit, ihr einmal den Puls zu fühlen. Denn das Stillleben zählte vormals, im Zeitalter der Historien- und religiösen Malerei, zu den minder geschätzten künstlerischen Feldern, der dekorative Aspekt sorgte dafür – aber eben auch für das Revival der Gattung in der Moderne um 1900.
Wie sieht es damit heute aus? Das Haus an der Förde, seit seiner Gründung 1988 der zeitgenössischen Kunst des norddeutschen und Ostseeraums verpflichtet, kommt da zu einem erfreulichen Befund: „nature morte – still alive!“ Den neun vertretenen Positionen gemeinsam ist zwar die Herkunft aus Finnland, inhaltlich und formal aber ist die Bandbreite groß. Neben den formalen Reiz des Arrangements von unbelebten Dingen, der die Künstler der klassischen Moderne so begeisterte, ist längst wieder (und vielleicht heute sehr aktuell) die Mahnung der Endlichkeit von Dingen (und Menschen) getreten.
nature morte – still alive. Zeitgenössische Stillleben in der finnischen Kunst
18.9. – 27.11.2022
Stadtgalerie Kiel
Andreas-Gayk-Str. 31
D-24103 Kiel
Tel.: +49-431-9013400
Di – Fr 10 – 17 Uhr, Do 10 – 19 Uhr, Sa + So 11 – 17 Uhr
Eintritt frei
www.kiel.de/stadtgalerie
Text: Dieter Begemann
Bild: Stadtgalerie Kiel
Erstveröffentlichung in kunst:art 87