Wohl ein Zufall, aber einer mit Aussagekraft: Just dieser Tage wurde in Tokyo der „Nakagin Capsule Tower“ abgerissen, ein 1972 errichtetes Bauwerk, in dessen feste Turmstruktur (sie stellte die Versorgungsanschlüsse bereit) private „Wohnkapseln“ eingehängt werden (und beim Bedarf auch anderswo benutzt) konnten. Der sogenannte „Metabolismus“ war in Japan damals vor fünfzig Jahren die wohl letzte Blüte einer ungehemmt technologiefreudigen Zukunftsvorstellung. Das Schweizerische Architekturmuseum in Basel stellt in seiner neuesten Ausstellung die Frage: Wie sieht heute die aktuelle architektonische Szene in Japan aus? Was treibt die Baumeister und gerade die jüngeren unter ihnen dort um?
Ein Foto des Architekturfotografen Ryogo Utatu gibt beispielhaft Aufschluss: „Holes in the House“ ist ein Mustervorhaben des jungen Architektenduos Fuminori Nousaku & Mio Tsuneyama. Eine polierte Holzwand stößt krass an eine sichtlich vom Zahn der Zeit angenagte Betonwand, unmittelbar neben der hübschen Wohnzimmertischlampe hängen fette Kabelbündel von der Decke und diese ist ohnehin aufgebrochen und gibt den Blick ins Dach frei, wo Bücher prekär aufgereiht sind an einer baulichen Abbruchkante. Statt Utopie also „Make do with now“: Kreative Umnutzung steht an, denn Klimakrise, Gesellschaftswandel und die Auswüchse des Neoliberalismus sind der Hintergrund, vor dem sich diese beiden und auch die anderen jungen japanischen Architekten bewegen.
Make Do With Now: Neue Wege in der japanischen Architektur
12.11.2022 – 12.03.2023
S AM Schweizerisches Architekturmuseum
Steinenberg 7
CH-4051 Basel
Tel.: +41-61-2611413
Di – Fr 11 – 18 Uhr, Do 11 – 20:30 Uhr, Sa + So 11 – 17 Uhr
Eintritt: 12 CHF, erm. 8 CHF
www.sam-basel.org
Text: Dieter Begemann
Bild: S AM Schweizerischer Architekturmuseum
Erstveröffentlichung in kunst:art 88