Hallesche Künstler und ihre Bindung an Ahrenshoop
Der Künstler und die See, das passt seit Jahrhunderten perfekt zusammen. Das Kunstmuseum Moritzburg und die Kunsthalle Talstrasse in Halle widmen sich dieser Thematik anhand von Werken hallescher Künstler.
Ahrenshoop liegt auf der Halbinsel Darß, auch als Fischland bekannt. Im Westen liegt die Ostsee und im Osten der Bodden. Die Schwestern Anna und Bertha Gerresheim bauten hier 1891 das erste Malerhaus. Als Gründer der Künstlerkolonie Ahrenshoop gilt Paul Müller-Kaempff, der 1892 ein Refugium für Künstler schuf. Den frühen Anfängen von 1892 bis 1945 geht die Kunsthalle Talstrasse nach und stellt die erste Periode dieser Enklave vor. Der Bildhauer Gerhard Marcks war einer der ersten Künstler aus Halle, die ab den 1920er Jahren regelmäßig auf die Halbinsel kamen. 1929 erwarb er in Niehagen, zwischen Wustrow und Ahrenshoop gelegen, ein kleines Haus. Hier zog er sich 1933 nach seiner Entlassung aus der Kunsthochschule Burg Giebichenstein zurück, 1944 wurde er auf dem Fischland sesshaft. Ahrenshoop wurde zu einem Ort der Klassischen Moderne, gemalt von George Grosz oder Alexej von Jawlensky. Aus Halle zog es unter anderem Karl Völker, Charles Crodel und Erwin Hahs in den kleinen Ort zum künstlerischen Schaffen.
Das Kunstmuseum Moritzburg spannt den zeitlichen Bogen von 1945 bis in die Gegenwart. Mit der Teilung Deutschlands zog der Sozialismus auf dem Darß ein. Einen Urlaub im sogenannten FDGB-Heim zu ergattern, war ein lang gehegter Wunsch der DDR-Bürger. Ab 1961, mit dem Bau der Mauer, durfte man sich nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr am Strand aufhalten. Die Ostseeküste zählte zum Grenzgebiet der DDR, es bestand Fluchtgefahr über die Ostsee in den Westen. Segelschiffe waren auf der Ostsee verboten. Aber schon davor gab es Querelen mit dem Regime der DDR.
Eine Ausstellung von Studenten des Grundlagenstudiums der Burg Giebichenstein 1951 in der Bunten Stube in Ahrenshoop entsprach nicht den Vorstellungen der Partei. Ulrich Knispel, der Dozent der Studenten, wurde sofort entlassen. Eine Verhaftung stand im Raum und er floh in den Westen.
Die Schau in der Moritzburg gliedert sich in sechs Teile. Beginnend mit den Jahren nach Kriegsende, in denen eine Aufbruchsstimmung dominierte, schlägt sie den Bogen zu Arbeiten, die in diesem Jahr entstanden sind. Rund 300 Arbeiten werden in der Ausstellung gezeigt, die in Kooperation mit dem Dresdner Institut für Kulturstudien entstand. Neben Gemälden sind Arbeiten auf Papier, Keramiken, Fotografien und Textilkunstwerke von Künstlern aus Halle zu sehen. Die politische Einflussnahme der SED von 1945 bis zum Mauerfall 1989 ist in einigen Arbeiten nicht zu übersehen.
Das Idyll von Ahrenshoop gibt es heute so nicht mehr. Nach der Wende kamen die Investoren aus dem Westen und das Fischland wurde entdeckt als ein neuer Hotspot für den Tourismus. Beide Ausstellungen sind somit zugleich ein Ausflug in die Vergangenheit. Die Ostsee wird weiterhin ein Ort der Sehnsucht bleiben, mit Segelbooten am unendlich weiten Horizont.
Nadja Naumann hat zu DDR-Zeiten die Sommerferien auf dem Fischland verbracht, auf dem Rücken eines Bauernpferdes.
Halle am Meer
Künstlerkolonie und Sommergäste. Ahrenshoop 1892-1945
24.6. – 24.9.2023
Kunsthalle Talstrasse
Talstr. 23
D-06120 Halle (Saale)
Tel.: +49-345–5507510
Mi – Fr 13 – 18 Uhr, Sa + So 13 – 17 Uhr
Eintritt: 8 €, erm. 6 €
www.kunstverein-talstrasse.de
Halle am Meer
Strandzone und Naturidyll. Ahrenshoop 1945–2023
24.6. – 17.9.2023
Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale)
Friedemann-Bach-Platz 5
D-06108 Halle (Saale)
Tel.: +49-345-212590
Mo, Di + Do – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 13 €, erm. 9 €
www.kunstmuseum-moritzburg.de
Text: Nadja Naumann
Bild: Kunsthalle Talstrasse
Erstveröffentlichung in kunst:art 92