Manchmal kann der Stoff, aus dem die Kunst ist, auch ein Stoff sein: Wobei natürlich von Anfang an klar ist, dass anders als quasi geschichtslos oder wertneutral wahrgenommene Farben oder Stein, um nur zwei Beispiele zu nennen, das Textile deutlich historisch und kulturell konnotiert ist. Die Kunsthalle Emden untersucht die Lage und setzt schon in der Betitelung der Ausstellung die Pole einander gegenüber: „Kunst•Stoff“.
Textil als künstlerisches Material kann vieles sein, bloßer Werkstoff oder zugleich auch Thema, Impulsgeber für die Gestaltung oder etwas, an dem sich abgearbeitet wird. Der Ausgangspunkt liegt im Bauhaus der 1920er-Jahre. Zum innovativen Ansatz gehörte damals die Gliederung der Ausbildung nach Materialgruppen, wozu eben auch das Textile zählte. In der Webereiwerkstatt des Bauhauses, nicht frei von paternalistisch-männlicher Bevormundung, wurden die für das 20. Jahrhundert prägenden Konzepte der Vermischung angewandter und freier Arbeit mit Textil diskutiert und praktiziert, eine Pionierleistung, die bis heute Gültigkeit beanspruchen darf. Nach dem Beginn war es vor allem die sogenannte Fiber Art, die in den 1960er- und 70er-Jahren die Emanzipation textilen Gestaltens von der angewandten Verwendung betrieb. Wenig später wurde, unter anders gelagerten gedanklichen Vorzeichen, Textiles unter feministischer, interkultureller oder (heute zunehmend) ökologischer Perspektive neu bewertet. Die Ausstellung führt die Linie bis in die Gegenwart fort.
KUNST•STOFF. Textil als künstlerisches Material
16.9.2023 – 28.1.2024
Kunsthalle Emden
Hinter dem Rahmen 13
D-26721 Emden
Tel.: +49-4921-975050
Di – Fr 10 – 17 Uhr, Sa + So 11 – 17 Uhr
Eintritt: 10 €, erm. 7 €
www.kunsthalle-emden.de
Text: Dieter Begemann
Bild: Kunsthalle Emden
Erstveröffentlichung in kunst:art 93