Evolution? Revolution!

bis zum 14.1.2024 | Kunsthistorisches Museum Wien

Wenig bekannt und jetzt glorreich im Kunsthistorischen Museum präsentiert ist die Tapisseriekunst von Raffaello Sanzio da Urbino, genannt Raffael (1483–1520). Die Ausstellung ist aus vielen Gründen spektakulär. Die gewaltigen Ausmaße der Tapisserien zusammen mit der Pracht des Goldes und der Seide – allein die Menge an Material, die für diese Kreationen benötigt wurde, und die Kunstfertigkeit, mit der sie gewebt wurden, verschlägt einem den Atem.

Als die Entwürfe um 1515 nach Brüssel geschickt wurden, um gewebt zu werden, wurde die dortige Kunstwelt auf den Kopf gestellt. Raffaels Herangehensweise an die Tapisserie elektrisierte die flämischen Künstler und hatte einen tiefgreifenden und entscheidenden Einfluss auf die weitere Entwicklung der Tapisserien in Brüssel, der Welthauptstadt der Tapisseriekunst. Raffael war eine „Ein-Mann-Revolution“, die die Kunst der Tapisserie für immer veränderte.

Das Besondere an diesen Tapisserien ist, dass Raffael mit ihnen umging, als ob er Fresken malen würde. Die Figuren sind groß, und die Anzahl der Elemente in den Szenen ist reduziert. Es gibt architektonische Zitate (der Tempietto di Bramante) und Verweise auf antike figürliche Skulpturen. Das Auge wird tief in die Bildebene des architektonischen Raumes hineingezogen, wodurch eine große Plastizität und dreidimensionale Wirkung entstehen.

Das KHM besitzt eine der weltweit größten Sammlungen von Tapisserien, und diese Tapisseriemotive (das Leben und die Taten der Apostel Petrus und Paulus) von Raffael gehören zu den erfolgreichsten der Welt. König Heinrich VIII. von England, König Franz I. von Frankreich und viele andere Herrscher ließen Kopien für sich anfertigen. Die Fachkenntnis der Kuratorin Dr. Katja Schmitz-von Ledebur und des Museumsteams, zusammen mit der kreativen Ausstellungsarchitektur, machen diese Schau zu einem schillernden Erlebnis für den Geist und das Auge. Die Kunst des Renaissancemeisters Raffael liefert Nahrung für die Seele.

Raffael. Gold & Seide
bis zum 14.1.2024
Kunsthistorisches Museum Wien
Maria-Theresien-Platz
A-1010 Wien
Tel.: +43-1-525240
Di – So 10 – 18 Uhr, Do 10 – 21 Uhr
Eintritt: 21 €, erm. 18 €
www.khm.at

Text: Dr. Renée Gadsden
Bild: Kunsthistorisches Museum Wien
Erstveröffentlichung in kunst:art 94