Es geht um Kunst, natürlich, es geht aber auch um queere Identität. Es geht um Kunst als Mittel, diese Identität zu finden. Das Programm „Artist of the Year“ der Deutschen Bank zielt auf künstlerische Positionen, die sich einmischen in den aktuellen gesellschaftlichen Diskurs – gern auch kontrovers. Ausgezeichnet für 2023: La Chola Poblete. Ihr Soloauftritt im Berliner Palais Populaire führt, so sagt sie selbst, in „eine Landschaft mit Olivenbäumen und Weinbergen, mit atemberaubenden Herbsttagen und der immer präsenten, sehr beeindruckenden Gebirgskette der Anden“. Dort in Argentinien, genauer gesagt in Guaymallén wuchs die 1989 als Mauricio Poblete geborene Künstlerin auf.
Guaymallén ist eine bunte und quirlige Schau, eine Hommage an die so schöne Heimat – und ebenso ein Resümee der oft schmerzlichen Erfahrungen, die ein nichtbinärer, indigener Jugendlicher damals machen musste. Maurizio, aus dem irgendwann La Chola werden sollte, suchte Verbündete für diese Selbst(neu)erfindung und als stärkste erwies sich die Kunst. Und zwar in aller Bandbreite: die große Kunst der italienischen Renaissance etwa, zuvörderst die so entrückten ätherischen Grazien eines Botticelli, aber nicht minder die starken Muttergottheiten des präkolumbianischen Amerika. Nicht zu vergessen natürlich die überwältigende Präsenz der katholischen Bildwelt in Südamerika – und über allem wabert eine moderne Populärkultur, die ungeniert alles mit allem vermischt.
La Chola Poblete. Guaymallén
bis zum 5.2.2024
PalaisPopulaire
Unter den Linden 5
D-10117 Berlin
Tel.: +49-30-2020930
Mo + Mi – So 11 – 18 Uhr, Do 11 – 21 Uhr
Eintritt frei
palaispopulaire.db.com
Text: Dieter Begemann
Bild: PalaisPopulaire
Erstveröffentlichung in kunst:art 94