Eigentlich residiert die Städtische Galerie Wolfsburg ja sehr nobel im gleichnamigen Barockschloss, aber Paul Hutchinson bevorzugt für seine aktuelle Ausstellung in der Autostadt die zugehörige Kunststation am Hauptbahnhof. Denn dort weht die doch etwas rauere Luft der großen Industrie, der Schichtarbeit und der Wohnblocks des Nachkriegsbooms. Der 1987 in Berlin geborene deutsch-irische Künstler hat sich in seiner Arbeit den Phänomenen des modernen (groß-)städtischen Lebens, seiner Wohnverhältnisse und der einschlägigen Jugendkultur verschrieben, der Möglichkeit – oder Unmöglichkeit – sozialer Mobilität.
Mittel der Wahl sind (farbige) Fotografien, die in hochgradig persönlich-assoziativer Weise, beiläufig, impressionistisch könnte man sagen, kleine markante Beobachtungen des Alltags fixieren: eine Hand, die ein Getränk ergreift, ein Schuh auf dem Asphalt oder zwei Pflastersteine im vertrockneten Gras. Letztere finden sich auf der titelgebenden Arbeit „Think of the past tomorrow“. Ein durchaus bedeutungsträchtiger, aber eben sinnoffener Satz, typisch für die poetischen Texte, die Hutchinson als zweite Komponente seinen Fotos beigesellt. Seine Poeme, man könnte sie sich gut als Soundspur einer langen Autofahrt durch die Stadt vorstellen, sind unabhängig von der bildlichen Ebene und eröffnen eben dadurch Bedeutungsräume: In der Wolfsburger Kunststation gibt eine Wandinstallation den Einstieg.
Paul Hutchinson. Think of the Past Tomorrow
bis zum 10.3.2024
Städtische Galerie Wolfsburg
Kunst-Station Hauptbahnhof Wolfsburg
www.staedtische-galerie-wolfsburg.de
Text: Dieter Begemann
Bild: Städtische Galerie Wolfsburg
Erstveröffentlichung in kunst:art 94