Perspektivwechsel
Im Kunstmuseum Basel wird die Ausstellung „When We See Us – Hundert Jahre panafrikanische figurative Malerei“ präsentiert. Gezeigt werden mehr als 150 Gemälde von rund 120 Künstlern mit den inhaltlichen Schwerpunkten „Triumph und Emanzipation“, „Sinnlichkeit“, „Spiritualität“, „Alltag“, „Freude und Ausgelassenheit“ und „Ruhe“. Zu den Künstlern der Ausstellung gehören neben international renommierten wie Lynette Yiadom-Boakye und Michael Armitage auch zahlreiche (noch) nicht ganz so bekannte.
Der Ausstellungstitel ist inspiriert von der Netflix-Miniserie „When They See Us“ (2019), in der unter der Regie von Ava DuVernay die Geschichte von unschuldigen schwarzen Jugendlichen erzählt wird, die von Weißen als potenzielle Kriminelle vorverurteilt werden. Der Fokus in der Präsentation liegt auf dem Perspektivwechsel – aus „They“ wird „We“. Es geht um die (Selbst-)Wahrnehmung und Selbstdarstellung afrikanischer und afroamerikanischer Künstler. Die Ausstellung war bereits im Zeitz Museum of Contemporary Art Africa in Kapstadt bis Ende September 2023 zu sehen und wird nun unverändert in Basel gezeigt.
Der Kampf um Gleichberechtigung der afroamerikanischen Bevölkerung wurde in den USA bereits vor einhundert Jahren geführt. In Harlem, New York, entstand die „Harlem Renaissance“, zu deren treibenden Kräften unter anderem der 1899 in Kansas geborene Maler und Illustrator Aaron Douglas gehörte. Die „Harlem Renaissance“ vereinte ab den 1920er-Jahren Kulturschaffende und Intellektuelle, um ein Revival der afroamerikanischen Musik, Tanz, Kunst, Mode, Literatur, Theater und Politik zu bewirken. Aus ihrem Zentrum heraus wuchs die Bewegung schnell zu einer internationalen Bewegung an, die bis in die Künstlerviertel von Paris reichte.
Der 1984 in Nairobi geborene britisch-kenianische Künstler Michael Armitage verbindet in seinem Werk die ostafrikanische Maltradition Kenias, wo er als Sohn einer Kenianerin und eines Engländers aufgewachsen ist, mit Elementen aus der europäischen Kunstgeschichte. Das Kunststudium absolvierte Armitage in London, zunächst an der Slade Academy of Fine Arts, daran anschließend folgte ein Postgraduiertenstudium an der Royal Academy of Arts. Mit seinen großformatigen Ölgemälden gehört Armitage zu den international renommierten Künstlern in der Ausstellung. Seine Motive und Farbgebung sind teilweise inspiriert von der traditionellen afrikanischen Malerei, aber auch von Größen aus der europäischen Kunstgeschichte wie zum Beispiel Francisco de Goya, Édouard Manet, Paul Gauguin, Vincent van Gogh oder Egon Schiele. Oftmals geht es Armitage um versteckte Botschaften wie die extremen Gegensätze von arm und reich in Kenia, um Gewalt oder Politik.
Die ghanaisch-britische Künstlerin Lynette Yiadom-Boakye, 1977 in London geboren, ist eine weitere Größe im internationalen Kunstbetrieb. In ihren in weitestgehend gedämpften Farbtönen gehaltenen Gemälden zeigt sie charakterstarke Personen, die jedoch anders als im Porträt keine realen Personen darstellen, sondern der Fantasie der Künstlerin entstammen, zeitlos und keinem bestimmten Ort zuzuordnen sind. Sie selbst sagt, dass es ihr wichtig sei, was diese Personen ausdrücken.
Die Ausstellung bietet eine großartige Chance, den eigenen künstlerischen Blick zu erweitern.
When We See Us
Hundert Jahre panafrikanische figurative Malerei
25.5. – 27.10.2024
Kunstmuseum Basel | Gegenwart
St. Alban-Rheinweg 60
CH-4052 Basel
Tel.: +41-61-2066262
Di – So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 26 CHF, erm. 13 CHF
www.kunstmuseumbasel.ch
Text: Karin Gerwens
Bild: Kunstmuseum Basel
Erstveröffentlichung in kunst:art 97