
Tiefe Stille in Dänemark (und Ausflüge nach Rom)
Die Lebensdaten von Janus la Cour (1837–1909) sollten eigentlich, für einen modernen Maler jener Zeit ja nachgerade verpflichtend, seine Orientierung am französischen Impressionismus nahelegen. Dem war aber nicht so: Der an der dänischen Westküste geborene Künstler fand die rasante Eindruckskunst von Monet & Co abscheulich, Paris sowieso und alle anderen Großstädte auch. Die große Ausstellung des Museums der Westküste „Momente der Klarheit. Janus la Cour und das neue Bild der Natur“ macht uns also mit einem großen Einzelgänger bekannt, dessen in die Zukunft weisende Relevanz vielleicht erst ein solcher Rückblick erweisen kann.
Statt der aufgeregten Aktualität der Pariser Szene der 1860er- und 70er-Jahre wählte der junge Künstler (dessen Familie, wie der Name zeigt, nun allerdings doch ursprünglich aus Frankreich stammte …) als unverrückbare Bezugsgröße die Kunst des sogenannten Goldenen Zeitalters der dänischen Malerei. Die schon damals fast zur nostalgischen Größe gewordene Malerei aus der ersten Jahrhunderthälfte beschwor die heimische Natur, ihre so besonderen Lichteffekte – und hielt gleichzeitig doch fest an der obligaten Künstlerreise nach Italien, vor allem nach Rom. Beides machte sich La Tour zu eigen. Und noch etwas: Schon die Bilder der Vorläufer strömten oft eine ganz eigentümliche Stille aus, die in vielen von La Cours Werken noch auffälliger ist. Das ist höchst eindrucksvoll zu beobachten in der von Florian Illies kuratierten Schau in Alkersum/Föhr, die in Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum in Nivå/Dänemark entstand. Dessen ungeachtet kommen wichtige Leihgaben auch aus Deutschland, aus dem Pommerschen Landesmuseum in Greifswald, das dank Stifter Christoph Müller über einen bedeutenden Bestand verfügt. Und auch Per Kirkeby konnte sich als moderner Künstler (und Sammler) dem Reiz der leisen Kunst des Janus la Cour nicht entziehen.
La Cours grundsätzliches Thema ist die Landschaft, in Momenten der tiefen Stille eingefangen, und zuweilen glaubt man fast, auch die Uhren seien hier stehengeblieben. Die Küste, der Strand, der Horizont, alles ist breitgelagert, zurückgeführt auf die quasi tektonischen Strukturen. Einzelne Bäume oder auf die Ferne zulaufende Wasserflächen geben sparsamen vertikalen Halt. Die Wasserflächen liegen zumeist still, spiegeln die Bäume oder verdoppeln den Mond. Von menschlicher Tätigkeit zeugt nur ein vor Anker gelegtes Boot, die einsame Fontäne zwischen Zypressen der Villa d’Este. Es fiele einem hierzu schnell das Schlagwort des Romantischen ein, wenn nicht andererseits eine gewisse distanzierte Reduktion über La Cours Welt läge. Vielleicht spräche man treffender von einer Art von nordisch-unterkühltem Lorrain … Für uns heute aber ist sicher mindestens ebenso berührend, dass hier ein sensibler Zeitgenosse eine zutiefst gefährdete Natur beschreibt. Eine Natur, deren Verschwinden (man könnte auch sagen: Ausrottung) schon im Zuge des industriellen Fortschritt vorbereitet wird.
Für einen seiner Lieblinge, den Maler Anselm Feuerbach, ist Dieter Begemann kein Weg zu weit!
Momente der Klarheit. Janus la Cour und das neue Bild der Natur
17.11.2024 – 22.6.2025
Museum Kunst der Westküste
Hauptstr. 1
D-25938 Alkersum / Föhr
Tel.: +49-4681-747400
Di – So 11 – 16 Uhr (13.1.-22.2.2025 geschlossen)
Eintritt: 10 €, erm. 5 €
www.mkdw.de
Text: Dieter Begemann
Bild: Museum Kunst der Westküste
Erstveröffentlichung in kunst:art 100