Direktorin des Puschkin-Museums abgesetzt

Pushkin-Museum in Moskau

Nach Kritik an der russischen Museumspolitik wurde die bisherige Direktorin des Moskauer Puschkin-Museums während ihres Urlaubs nach weniger als zwei Jahren entlassen, wie das Russische Ministerium für Kultur auf Telegram mitteilte. Die Direktorin Jelisaweta Lichatschowa hatte während ihrer Amtszeit mehrfach kulturpolitische Entscheidungen kritisiert, wodurch sie zunehmend in Konflikt mit dem Kreml geriet. Zuletzt verurteilte sie Ende 2024 öffentlich die Schließung des Moskauer Gulag-Museums als „Dummheit, die an ein Verbrechen grenzt“.

Offiziell wurde das staatliche Museum der Geschichte des Gulag wegen Brandschutzmängeln geschlossen. Kritiker sehen diesen Schritt jedoch als Bestreben des Kremls, die sowjetische Vergangenheit Russlands zu beschönigen. Laut der „Moscow Times“ soll das Museum am 21. Januar wiedereröffnet werden, allerdings mit neuer Leitung. Die bisherige Leiterin des „Museum von Moskau“ soll die Leitung des Gulag Museums übernehmen und Roman Romanov ersetzen, der das Museum seit 2012 geleitet hatte. Ob Romanov entlassen wurde oder zurückgetreten ist, ist nicht bekannt.

Außerdem kritisierte Lichatschowa die Übergabe historisch wertvoller Ikonen an die Orthodoxe Kirche, darunter auch die berühmte Dreifaltigkeitsikone von Andrej Rubljow. Sie warnte, dass die Kirche nicht in der Lage sei, diese empfindlichen Kunstwerke angemessen zu pflegen und zu bewahren. Als Alternative schlug sie vor, bei Gottesdiensten auf Kopien zurückzugreifen, um die Originale zu schonen.

Kurz nach ihrer Amtsübernahme zog Jelisaweta Lichatschowa bereits viel Kritik von Duma-Abgeordneten und Stalin-Anhängern auf sich, als sie den sowjetischen Diktator mit einer „russischen Micky Maus“ verglich, um den wiedererstarkenden Stalin-Kult ins Lächerliche zu ziehen. Bei der Übernahme der Leitung galt sie als staatstreu. Sie war in der regierungstreuen Jugendorganisation „Iduschtschije wmeste“, in der sie auch Pro-Putin-Kundgebungen mitorganisierte.

Bevor die erfahrene Kunsthistorikerin im März 2023 die Leitung des Puschkin-Museums übernahm, war sie Direktorin des Schtschussew-Museums für Architektur in Moskau. Während ihrer kurzen Amtszeit versuchte sie, das Museum offen für Debatten über die Kunst- und Geschichtsdarstellung in Russland zu halten.

Die neue Direktorin des Pushkin-Museums Olga Galaktionowa ist russische Dokumentarfilmerin und Kuratorin. Zuvor leitete sie das staatliche Ausstellungs- und Museumszentrum ROSIZO. Dort erlangte sie vor allem Bekanntheit durch ihre großen Ausstellungen mit staatstreuer sowjetischer Kunst. Galaktionowa genießt aufgrund ihrer Arbeit für propagandistisch geprägte Kunstprojekte Rückhalt im offiziellen Kulturbetrieb Russlands und koordinierte unter anderem Museumskooperationen zwischen Russland und Belarus. In den von Russland annektierten Gebieten in der Ukraine wurde unter ihrer Leitung in der Region Donezk ein Filmmuseum und Kinderzentrum eröffnet. Es ist davon auszugehen dass, mit der neuen Leitung ein politischer Kurswechsel im Puschkin-Museum stattfindet, zunehmend regimetreue Ausstellungen gezeigt werden und der offene Diskurs zum erliegen kommen wird.

Das Puschkin-Museum ist eines der bedeutendsten Kunstmuseen in Russland und beherbergt eine der größten und vielfältigsten Sammlungen des Landes. Bekannt ist es für seine umfangreiche Gemäldesammlung mit Werken von Renaissance-Künstlern wie Botticelli und Tizian bis hin zu Impressionisten und Post-Impressionisten wie Monet, Degas und Gauguin.