Wahrscheinlich guckt doch ein Schwein! F.K. Waechter im Museum für Karikatur Hannover Dieter Begemann

bis zum 15.10.2017 | Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst

F. K. Waechter, Das Tier, 1978, Tusche/Feder, 35,5 x 49,7 cm. © Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur & Zeichenkunst Museum.

 

von Dieter Begemann //

Es war schon eine geniale Idee, die der Zeichner F.K. Waechter (1937-2005) da gehabt hatte: Auf einem Hügelchen sehen wir eine Gans kopfüber in einem Paar Stiefel stecken, die Watschelfüße hoch in die Luft gereckt und wir lesen, was sie resigniert dabei denkt: „Wahrscheinlich guckt wieder kein Schwein…“ Aber nebendran steht doch ein Schwein(chen), bass erstaunt, und murmelt ganz hingerissen „Toll!“ Das Blatt von 1978 war typisch für Waechter – dass er eigentlich mit vollem Vornamen Friedrich Karl hieß, hielt er sozusagen geheim, alle kannten ihn nur unter seinem Kürzel F.K. –, dieser so eigenwillige Waechter-Sound aus Lakonie und hintersinnigem Witz, aus Absurdität und Wortspiel, welches das Schrammen am Kalauer notfalls nicht verschmähte, gehörte zum öffentlichen Diskurs der alten Bundesrepublik.

Dass tatsächlich doch ein Schwein, und sogar mehr als nur eins, guckt, hofft man nun im Karikaturenmuseum in Hannover, in seinen Ausstellungen spezialisiert auf feinste Zeichenkunst der komischen Sorte. Waechter wäre im November dieses Jahres 80 Jahre alt geworden und aus diesem Anlass übergibt die Erbengemeinschaft des Künstlers dem idyllisch am Rande des Herrenhäuser Gartens gelegenen Haus die bislang von ihr aufbewahrten Skizzen- und Notizbücher ebenso wie auch Gemälde und bildhauerische Objekte. Eine großzügige Schenkung, die nicht nur die Originale der meist in Buchform in hohen Auflagen publizierten Blätter zur direkten Anschauung bringt, sondern vor allem auch den privilegierten Blick über die Schulter des Künstlers erlaubt. Da kann man dann nachvollziehen, welch geduldige Entwicklungsarbeit erforderlich war auch für zündende Bildwitze wie den erwähnten mit balancierender Gans und Schwein. Unter dem Titel “Zeichenlust” versammelt diese erste Präsentation vor allem Skizzen als unmittelbarste Form des künstlerischen Ausdrucks, als Medium der Ideenklärung und Formfindung. Der Multikünstler Waechter war freilich nicht nur als Bildkünstler tätig, sondern hat auch Erzählungen und Theaterstücke verfasst, ganz abgesehen von seinen Entwürfen plastischer Objekte für den öffentlichen Raum. Er war aber vor allem auch, und das möchte man in Hannover zeigen, ein sehr reflektierter Künstler, der seine Kunst reflektierte im Verhältnis zur Geschichte des Mediums der komischen Zeichnung, zu anderen Kunstarten wie auch zu Literatur und Theater.

F.K. Waechters Karriere hatte 1962 in Frankfurt begonnen mit seiner Arbeit an der Satirezeitschrift pardon, deren Signet, ein kleines, den Hut lüftendes Teufelchen, er entwarf. Komische Cartoons entstanden, oft in Zusammenarbeit mit Robert Gernhardt und F.W. Bernstein. Nächste Station war die Titanic, zu deren Gründern Waechter 1979 gehörte. Anregungen gab dabei weniger die deutsche Humortradition, vom Hannoverschen Museumspatron Wilhelm Busch einmal abgesehen, sondern die der Amerikaner wie Saul Steinberg. So wurde Waechter zur Schlüsselfigur der Neuen Frankfurter Schule, bei der allein der Name schon ironisches Programm war!

Text aus der kunst:art 57

F. K. Waechter – Zeichenlust
bis zum 15.10.2017, Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst
Georgengarten 1. 30167 Hannover
Telefon +49 511 169999-11
Di – So 11 – 18 Uhr, Eintritt: 6 €, erm. 4 €
www.karikatur-museum.de

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Begemanns Blog: Sternschnuppen An dieser Stelle soll es um ästhetische Sternschnuppen gehen und, wie es die Schnuppen so machen, sollen sie hin und her zischen auf manchmal verblüffenden Kursen – kreuz und quer! Ich konnte (und musste zum Glück mich auch nie) entscheiden zwischen praktisch-bildkünstlerischen und theoretischen Interessen: Ich liebe Malerei und Bildhauerei, begeistere mich für Literatur, bin ein Liebhaber von Baukunst und Design –aber meine absolute Leidenschaft gehört der Gestaltung von Gärten und Autos. Und, eh ich’s vergesse: natürlich dem Film!!

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