Maja Rieder

15.9. – 12.11.17 | Kunsthaus Baselland

«Für mich ist der Prozess am Ende das, was die Arbeit ausmacht.»
Das Atelier ist ihr längst zu klein geworden. Man könnte auch sagen, Maja Rieder nimmt die dortigen vier Wände längst nicht mehr ernst. In ihrer Auslegeordnung, für die sie auf grossen Papierbahnen und -blättern arbeitet – mal mit Grafitpigment, mal mit verschieden breiten Pinseln, mal einer Druckplatte –, erkundet sie nicht nur den zweidimensionalen Bildraum. Wände und Räume wandelt sie mit ihren Zeichnungsinstallationen, die scheinbar kein Anfang oder Ende kennen. Durch ihr prozesshaftes Arbeiten, das nicht selten zu Serien führt, entwickelt sie die Zeichnungen oft hin zu einem Format, das sie selbst – im Moment des Entstehens – nur teilweise in der ganzen Ausdehnung überblicken kann. Papiere wie das saugfähige und zähe Seidelbast, Plotterpapiere oder unterschiedlich starke Zeichenpapiere werden in Farbbädern getränkt, ein- und wieder auseinandergefaltet, aufgespannt und wieder ausgelegt; kleinformatige Zeichnungen werden in ihren zeichnerischen oder auch malerischen Gesten und Bewegungen, die bisweilen an Zeichen oder auch Buchstaben
erinnern können, auseinandergenommen. Auf grossen Bahnen und in neuen Kombinatoriken fügt die Künstlerin sie wieder neu zusammen und denkt sie am Ort des Ausstellens weiter.

Fast wundert man sich über die viele Meter umfassenden Formate, die das Körpermass der Künstlerin bei Weitem überschreiten. Erst im Moment des Ausbreitens auf den dafür vorgesehenen Wänden und des Ausstellens ist es der Künstlerin möglich, das Ergebnis des ganzen Prozesses und damit das ganze Werk zu überblicken. Halterungen, spezielle Pinselbreiten werden von Maja Rieder schon mal eigenhändig zusammengebaut, um dann mit langen, langsamen Schritten und ruhigen, präzisen Hand- und Armbewegungen meterlange Pinselstriche und -bahnen auszuführen. Die ganze Energie einer grossen Bewegung gespeichert in einem Blatt.

Die unterschiedlich breiten Pinsel, die die Künstlerin meist in schwarze Tusche taucht und übers Blatt führt, dringen als Farbspur verschieden stark in den Bildgrund ein und hinterlassen mal Flächen, mal sich überlagernde Linien. Überhaupt hat man den Eindruck, dass Fläche, gemalte oder gezeichnete Linie, Tonwert und Geste in Maja Rieders Arbeiten gleichwertig behandelt und gleichberechtigt wahrgenommen werden. Auch der Arbeitsprozess bleibt stets nachvollziehbar. Wir bewegen uns entlang der grossen, meterlang von den Wänden hängenden Papierbahnen, der verschiedentlich gefärbten Faltungen, aber auch der grossen Raumskulpturen aus Wabenkarton, die allesamt viel davon erzählen, dass Maja Rieder immer wieder einer Logik folgt und zugleich jedes Konzept, jede feste Setzung hinter sich lassen kann. Ähnlich einer Partitur ziehen sie sich in zarten, aber bestimmten Rhythmen an den Wänden der unterschiedlichen Ausstellungssituationen entlang – nicht selten mit bewussten kleinen künstlerischen «Störenfrieden», die das Gleichmässige aufbrechen und zu etwas Neuem führen.

Maja Rieder, das zeigt ihr seit vielen Jahren konsequent entwickeltes Werk, interessiert sich nicht für das Abgeschlossene. Ein In-Bewegung-Bleiben ist für sie zentral. Aus der einen Zeichnung folgen neue Zeichnungen, die eine Erfahrung führt zur nächsten. Der Ort der Zeichnung ist für sie ein freier Raum. In eben diesen Freiräumen geschieht für sie das, was sich nicht ausdenken lässt.

 

Text: Kunsthaus Baselland | Foto: Kunsthaus Baselland
Externer Link: Kunsthaus Baselland

 

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