Endlich Anerkennung für die „Neunte Kunst“! – Drei Oldenburger Museen zeigen Comics und Graphic Novels

3.2. – 6.5.2018, Horst-Janssen-Museum | 3.2. – 2.4.2018, Stadtmuseum Oldenburg | 1.2. – 1.4.2018, Edith-Russ-Haus für Medienkunst

Isabel Kreitz und Peter Meer, Haarmann, 2010. © Carlsen Verlag.

 

von Dieter Begemann //

 

Oldenburg hat eine reiche Museumslandschaft: Drei der städtischen Häuser haben sich jetzt, das ist ein Novum, zusammengetan, um einer bislang unterbewerteten Äußerungsform endlich den gebührenden Respekt zu verschaffen. Die Bildergeschichte, der Comic, die Graphic Novel, die Animation: So unterschiedlich die Gattungen auch sind, so haben sie doch gemeinsam die innige Verbindung von Text und Bild. Dass die Zwitterformen im Verlaufe ihrer langen Geschichte (seit dem 19. Jahrhundert) oftmals überaus populär waren, hat vielleicht auch dazu beigetragen, dass die „hohe Kunst“ und die mit ihr verbündete Kunstkritik immer ein wenig die feingebildeten Nasen gerümpft haben über die scheinbar banale Konkurrenz. Aber spätestens seit die Pop Art den Comic zum Thema erkor, hat sich das geändert und heutzutage kann man gar von einem förmlichen Boom sprechen: Die erfolgreichen Krimis von Volker Kutscher, die im Berlin der 1920er spielen, lieferten nicht nur die Grundlage für Tom Tykwers Filmserie Babylon Berlin, sondern wurden fast zeitgleich auch als Graphic Novel adaptiert (von Arne Jysch), ein deutliches Zeichen für diesen Wandel!

Ohnehin kann man sagen, dass die Graphic Novels, diese nicht so ohne weiteres zu definierende Untergattung – sind es nun einfach Comics im Buchformat oder sind sie aufgrund ihrer ästhetischen und oft auch erzählerischen Komplexität, die sich ausschließlich an ein erwachsenes Publikum richtet, gar nicht mehr unter diesem schlichten Rubrum zu fassen? –, wegen ihrer zahlreichen möglichen Kreuz- und Querbezüge zwischen „high“ und „low“ eine unserer Zeit besonders adäquate Form zu sein scheinen. Das Horst-Janssen-Museum widmet sich einem Überblick über die aktuelle deutsche Produktion, beginnend mit dem Pionier Hans Hillmann, dessen Gangsterstories als gezeichneter Film Noir in prägnantem Schwarzweiß in den 1980ern Furore machten. Die Graphic Novel (dieser Terminus etabliert sich auch im Deutschen) kann autobiographisch sein, reportagehaft oder fantastisch, und sie kann literarische Stoffe jeder Stillage und aus jeder Zeit umsetzen.

Die Kultur- und Wirkungsgeschichte des Comics im engeren Sinne hat sich das Stadtmuseum Oldenburg vorgenommen. Wie bei der vorerwähnten Schau werden auch hier nicht nur die fertigen Resultate, also die gedruckten Endfassungen, gezeigt, sondern auch handgezeichnete Entwürfe und Vorstufen. Wie funktioniert diese Art von Erzählung? Was macht sie so wirkungsstark? Künstler sind hier die unvermeidlichen Heroen wie Roland Töpffer, Wilhelm Busch und Walt Disney, aber auch unbekannte Größen. Frühe Comicverfilmungen aus den Disney-Studios leiten schon über zum dritten Partner des Projekts. Das Edith-Russ-Haus für Medienkunst zeigt mit “Unwanted Stories” eine internationale Gruppenpräsentation zeitgenössischer Werke. Sie schlagen den Bogen von filmischen Animationen bis zu großformatigen Wandzeichnungen. Dass die gezeichnete Geschichte ganz eigentümliche Stärken hat, auch und gerade bei sonst kaum darstellbaren Themen, wird eindrucksvoll deutlich bei der digitalen Rekonstruktion eines Konzentrationslagers.

 

Die Neunte Kunst: Aktuelle deutsche Graphic Novels
3.2. – 6.5.2018, Horst-Janssen-Museum
Am Stadtmuseum 4-8, D-26121 Oldenburg
Tel.: +49-441-2352891
Di – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 3,50 €, erm. 1,50 €
www.horst-janssen-museum.de

Die Neunte Kunst: Die Geschichte des Comics
3.2. – 2.4.2018, Stadtmuseum Oldenburg
Am Stadtmuseum 4-8, D-26121 Oldenburg
Tel.: +49-441-2352886
Di – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 3 €, erm. 1,50 €
www.stadtmuseum-oldenburg.de

Die Neunte Kunst: Unwanted Stories
1.2. – 1.4.2018, Edith-Russ-Haus für Medienkunst
Katharinenstr. 23, D-26121 Oldenburg
Tel.: +49-441-2353208
Di – Fr 14 – 18 Uhr, Sa + So 11 – 18 Uhr
Eintritt: 2,50 €, erm. 1,50 €
www.edith-russ-haus.de

 

Text aus der kunst:art 59

Über Dieter Begemann 271 Artikel
Begemanns Blog: Sternschnuppen An dieser Stelle soll es um ästhetische Sternschnuppen gehen und, wie es die Schnuppen so machen, sollen sie hin und her zischen auf manchmal verblüffenden Kursen – kreuz und quer! Ich konnte (und musste zum Glück mich auch nie) entscheiden zwischen praktisch-bildkünstlerischen und theoretischen Interessen: Ich liebe Malerei und Bildhauerei, begeistere mich für Literatur, bin ein Liebhaber von Baukunst und Design –aber meine absolute Leidenschaft gehört der Gestaltung von Gärten und Autos. Und, eh ich’s vergesse: natürlich dem Film!!

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen