Von der Entstehung und dem Werden der Kunst

26.1. – 8.9.2019 | Cranach-Stiftung Wittenberg

Goswin van der Weyden, Mater Dolorosa, Ende 15. Jh. (Fotos/Rechteinhaber: Stiftung August Ohm, Hamburg)

Das Cranach-Haus in Wittenberg widmet sich in seiner neuen Ausstellung einer spannenden Thematik. Im Mittelalter löste sich die Kunst vom Handwerk. Die Werke, die im 11. bis zum 15. Jahrhundert entstanden, sind nicht minder interessant. Sie waren in erster Linie sakral bestimmt, aber so manches Kleinod lässt sich darunter finden.

Es ist dem Cranach-Haus gelungen, erstmals Gemälde, Skulpturen, Grafiken und Kunsthandwerk des 11. bis 15. Jahrhunderts aus der bedeutenden Hamburger Sammlung August Ohm der Öffentlichkeit vorstellen zu können. Der Hamburger Künstler und Sammler August Ohm setzt sich in seinen eigenen Arbeiten immer wieder mit historischen Themen auseinander. Bekannt ist Ohm für seine kostümgeschichtliche Sammlung.

Als der erste geschlossene Stil der mittelalterlichen Kunst verkörpert die Romanik die vollentfaltete europäische Feudalgesellschaft. Burgen, Pfalzen, Kirchen und Klöster wurden in Deutschland gebaut und das Quadrat der Vierung wurde zur Maßeinheit für den Grundriß. In Verbindung mit der Architektur entwickelte sich Mitte des 11. Jahrhunderts auf deutschem Boden die Plastik. In Frankreich wurde die Romanik bereits Mitte des 12. Jahrhunderts von der Gotik abgelöst. War in der Romanik der Klerus tonangebend, so fungierten in der Gotik erstmals Städte als Bauherren und Auftraggeber. Die Architektur war das zentrale Thema der Kunst, aber die Plastik entwickelte sich weiter und die Malerei begann sich zu entfalten. Die Glasmalerei gesellte sich zur Wandmalerei, bedingt durch die hohen Fenster der Kathedralen, die Licht in die Gotteshäuser brachten. In Italien – insbesondere in Florenz – avancierte das Bürgertum zur führenden ökonomischen und politischen Kraft. Die Renaissance war somit die Geburtsstunde der Kunst, denn Giorgio Vasari (1511–1574) versuchte die Kunst seiner Zeit zu analysieren und erstellte ein Verzeichnis italienischer Künstler. Er war so gesehen der erste Kunsthistoriker überhaupt.

Die Cranach-Stiftung wirft mit ihrer Sonderausstellung einen Blick zurück in eine Zeit in der Kunstgeschichte, die von der Selbstbestimmung des Menschen Lichtjahre entfernt war. Wie die Menschen in jener Epoche lebten, darüber geben die romanischen Plastiken Auskunft. Das Religiöse war im Alltag stets präsent. Der Glaube versprach ein besseres Leben nach dem Tod.

Das Tafelbild eroberte spät den deutschen Raum. In der ottonischen Zeit wurde die Technik des Bronzegusses wiederbelebt. Die klare und einfache Formensprache der Romanik wurde von der Gotik abgelöst. Es ist interessant zu sehen, wie sich die Gewerke davon lösten. Die Goldschmiedekunst schuf zwar in erster Linie Heiligtümer, aber auch Kunstwerke. Gegen Ende der Gotik wurde sie an den Rand der Kunst gedrängt. In der Renaissance begann die Kunst eigenständig zu werden. Die historischen Umstände wie Kriege oder Epidemien hatten in diesen Epochen einen großen Einfluss auf Menschen, Länder und die Kunst ausgeübt. Demut beschleicht einen daher beim Betrachten dieser Kunstwerke.

Für die Autorin ist der Naumburger Dom ein architektonisches Meisterwerk, denn hier trifft die Spätromanik auf die Frühgotik in einem Bauwerk.

Kunst vor Cranach
26.1. – 8.9.2019
Cranach-Stiftung Wittenberg
Markt 4
D-06886 Lutherstadt Wittenberg
Tel.: +49-3491-4201911
Di – Sa 10 – 17 Uhr, So 13 – 17 Uhr
Eintritt: 5 €, erm. 4 €
www.cranach-stiftung.de

 

Text: Nadja Naumann, Bild: Cranach-Stiftung Wittenberg
Erstveröffentlichung in kunst:art 65

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