In diesem Frühjahr konnte Michael Morgner seinen 80. Geburtstag feiern. Sein Leben wie auch seine Kunst sind in manchen Themen verbunden: Verlusterfahrungen etwa und Spuren, die durch sie gezogen werden, nicht nur an der Oberfläche, sondern an Menschen selbst, die diese Erfahrungen erlebt oder erlitten haben. Morgners Werke erzählen aber auch vom Willen, sich trotzdem von Schaffensfreude erfüllen zu lassen und aufzubauen oder wiederaufzubauen. Dem großen alten Meister aus Chemnitz, der weder dieses noch Karl-Marx-Stadt je allzu lang verlassen hat, waren solche Themen schon durch seine Kindheit in einer zerstörten Stadt gleichsam in der Wiege gelegt. Dabei ist er zwar mit seiner Heimatstadt verbunden, aber ausdrücklich kein DDR-Künstler. Die von ihm verarbeiteten Themen gehen tiefer als solche konkreten historischen Ausformungen, sie stellen existentielle Fragen. Hierin findet sich, wenn auch keine vollkommene Parallele, zumindest aber eine gemeinsame Fragestellung mit dem Werk eines anderen großen Meisters, dem sich Morgner verbunden fühlt: Auguste Rodin. Naheliegend also, dass der Zeichner Morgner sich mit seinem Mittel den Arbeiten des Bildhauers Rodin nähert.
Und hier erklärt sich auch, dass es sich bei „Morgner zeichnet Rodin“ keineswegs um eine Blockbuster-Ausstellung zum Anlass eines runden Geburtstages handelt, obgleich das Grund genug wäre. Die Schau in Altenburg ist inhaltlich motiviert. Es geht nicht um ein Abzeichnen der Werke Rodins, sondern um die inhaltliche Auseinandersetzung eines Künstlers mit den Ideen eines Kollegen, der sich ähnlichen Fragen ausgesetzt sah.
Unter der Haut. Morgner zeichnet Rodin
15.8. – 3.10.2022
Lindenau-Museum Altenburg
Prinzenpalais des Residenzschlosses
Schloss 2-4
D-04600 Altenburg
Tel.: +49-3447-8955430
Do – So 12 – 18 Uhr
Eintritt: frei
www.lindenau-museum.de
Text: Jan Bykowski
Bild: Lindenau-Museum Altenburg
Erstveröffentlichung in kunst:art 86