Dass die 2010 gestorbene Grande Dame der amerikanischen Bildhauerei, Louise Bourgeois, ein großes Faible für Spinnen hatte, ist bekannt: An vielen Orten waren ihre oftmals riesigen Achtbeiner schon zu sehen. Dabei handelte es sich zumeist um Bronzegüsse. Der Berliner Gropius Bau nimmt sich dagegen nun einer Werkgruppe an, die vor allem in den letzten beiden Jahrzehnten des so reichen künstlerischen Schaffens der 1911 in Paris geborenen Künstlerin eine große Rolle spielte: „The Woven Child“ ist die erste große Retrospektive, die Louise Bourgeois’ Textilarbeiten intensiver untersucht. Zum besagten Lieblingsmotiv: Für die Künstlerin ist vor allem die Hartnäckigkeit und Geduld vorbildlich, mit der Spinnen auch bei argen Beschädigungen ihre Netze immer wieder reparieren – und auch den Fäden unserer menschlichen Beziehungen täte solche Sorgsamkeit nur zu oft not.
Wie Arachne, die archetypische Weberin der antiken Mythologie, hat auch Bourgeois die Fäden der eigenen Biografie zu komplexen Geweben verarbeitet: Schmerzliche Beziehungen, die Erfahrung der eigenen Verletzlichkeit, die Auseinandersetzung mit dem Altern – das alles und immer wieder die stille Zuversicht, dass Beschädigungen trotz allem heilbar sein können, steckt in den fast neunzig gezeigten Werken. Die Berliner Schau entstand in Kooperation mit der Londoner Hayward Gallery, deren Direktor, zusammen mit Julienne Lorz vom Gropius Bau, auch die kuratorische Betreuung übernahm.
Louise Bourgeois. The Woven Child
22.7. – 23.10.2022
Gropius Bau
Niederkirchnerstr. 7
D-10963 Berlin
Tel.: +49-30-254860
Mo + Mi – So 10 – 19 Uhr
Eintritt: 15 €, erm. 10 €
www.berlinerfestspiele.de/gropiusbau
Text: Dieter Begemann
Bild: Gropius Bau
Erstveröffentlichung in kunst:art 86