Die Welt ist nicht genug

Esther Hunziker, Embodyments, 2023

Themenausstellung im Haus der Elektronischen Künste

Digitale Technologien sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken, Künstliche Intelligenz wird entweder in den Himmel gelobt oder verteufelt und fast jeder meint zu wissen, was hinter dem Begriff Fake News steckt. Medien dienen heutzutage nicht mehr nur der Information, sie sorgen insbesondere durch die digitale Verbreitung über verschiedenste Kanäle dafür, dass Falschnachrichten in Umlauf geraten und teilweise sogar gezielt eingesetzt werden. Viel zu wenige, die im Internet unterwegs sind, wissen Bescheid über die technischen Möglichkeiten, mit denen Bilder bearbeitet und Videos mit ein paar Klicks erstellt werden können, die dann in Höchstgeschwindigkeit geteilt und von Nutzern unkritisch als glaubwürdig eingestuft werden.

In der spannenden Gruppenausstellung „Unscharfe Realitäten“ im Haus der Elektronischen Künste tauchen Künstler in virtuelle Welten ein, stellen diese in einen Kontrast zum realen Umfeld, erforschen die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf die menschliche Psyche und stellen den Betrachter so auf die Probe.

Tatsächlich kommen einem viele Fragen in den Sinn, wenn man sich die Arbeit „Untitled.BTS“ von Jonas Beile ansieht. Er geht am Beispiel einer Chat-Moderatorin der Frage nach, ob in der Anonymität des Internets Authentizität und Ehrlichkeit überhaupt eine Rolle spielen und wenn ja, in wessen Verantwortung es liegt, Unehrlichkeit und Täuschung aufzudecken. Oder geht es lediglich darum, Erwartungen zu erfüllen?

Im Internet ist vieles nicht so eindeutig geregelt, wie man es von der realen Welt kennt. Manch einen überkommt jedenfalls das Gruseln beim Anblick eines Roboters mit menschlichem Antlitz. Uncanny Valley wird das beklommene Gefühl genannt, das von vielen empfunden wird, wenn Roboter Menschen in Aussehen und Verhalten stark ähneln. Dieses seit den 1970er-Jahren bekannte Phänomen erforscht Johanna Mangold mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz, bei der sie die Text-to-Video und Image-to-Video-Technologie einsetzt, also jene Tools, die mit Hilfe von einigen wenigen Schlüsselwörtern ganze Welten erschaffen.

Die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen der KI erforscht Johanna Mangold in „Palm and Cheek“ am Beispiel von Händen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit und der Mannigfaltigkeit an Bewegungsmöglichkeiten eine Herausforderung für digitale Technologien sind.

Die doppelköpfigen Hybridwesen der Künstlerin und Mediengestalterin Esther Hunziker, die, halb Mensch, halb Monster, zwar eher aus dem Reich der Fantasie stammen, gleichzeitig jedoch auch den problematischen Kern der multiplen Persönlichkeiten im Internet treffen, runden die Ausstellung, an der außer den genannten zahlreiche weitere Künstler beteiligt sind, mit ihren widersprüchlichen Deutungsmöglichkeiten ab.

Unscharfe Realitäten. Regionale 24
25.11. – 31.12.2024
Haus der Elektronischen Künste HeK
Freilager-Platz 9
CH-4142 Münchenstein/Basel
Tel.: +41-61-2836050
Mi – So 12 – 18 Uhr
Eintritt: 12 CHF, erm. 8 CHF
www.hek.ch

Text: Karin Gerwens
Bild: Haus der Elektronischen Künste HeK
Erstveröffentlichung in kunst:art 94