Zerbrechliche Kostbarkeiten

bis zum 6.10.2024 I GRASSI Museum für Angewandte Kunst

Asiatischer Elefant (Schloss Friedenstein)

Raritäten aus Porzellan in Leipzig und Gotha

Es wurde einst als das „weiße Gold“ bezeichnet und 1708 von Johann Friedrich Böttger und Ehrenfried Walther von Tschirnhaus in Dresden erstmals hergestellt. 1710 ging die erste europäische Porzellanherstellung auf der Albrechtsburg in Meißen an den Start. Zwei Ausstellungen widmen sich dem edlen Material, das an Faszination bis heute nichts verloren hat.

Anfang der 1970er-Jahre begann das frisch vermählte Paar Maria und Claus Pese aus Nürnberg, Kunst aus der Zeit des Jugendstils zu sammeln. 2020 bekam das Grassi Museum Leipzig 112 Jugendstil-Objekte des Sammlerpaares als Leihgabe zur Verfügung gestellt, die bei deren Tod in eine Schenkung an das Haus übergehen wird. An die 350 Raritäten aus Porzellan werden jetzt in Leipzig gezeigt, von denen viele aus der Pese-Sammlung stammen. Die Zeit des Jugendstils markiert eine Wende in der Kunst. Die Loslösung vom Historismus mündete in einer Zuwendung zur Natur. Es galt, etwas Neues zu kreieren, etwas noch nie da Gewesenes. Im Jugendstil griffen die Künstler Formen der Natur auf und vereinfachten diese zu Mustern und Ornamenten, die einer geometrischen Anordnung folgten. Dieser Grundgedanke setzte sich in allen Disziplinen der Kunst durch. Neu war die Möglichkeit der industriellen Herstellung, denn die Objekte wurden im Preis erschwinglicher und auf Welt- und Gewerbeausstellungen sowie in Kaufhäusern zum Kauf angeboten. In Leipzig liegt der Fokus auf dem Zeigen der Neuzugänge der Sammlung der letzten 30 Jahre und Stücken, die selten oder bisher noch nie in der Öffentlichkeit zu sehen waren.

Die Porzellanmanufaktur Pfeffer im thüringischen Gotha wurde 1892 gegründet und bestand bis 1942. Die Stiftung Schloss Friedenstein erhielt seit 2017 neue Schenkungen von Preziosen der Manufaktur, die sich auf das Herstellen von Tierfiguren in der Art der Königlichen Dänischen Porzellanmanufaktur spezialisierte und damit im Ausland bekannt wurde. 1892 übernahm Fritz Pfeffer die Porzellanwarenfabrik Heinrich Graeser in Gotha. Pfeffer nahm regelmäßig an der Leipziger Messe teil und besaß ein ständiges Musterlager in Berlin. Sein Sohn Max übernahm 1922 die Geschäfte des Vaters und musste 1934 in Folge der Weltwirtschaftskrise Konkurs anmelden. Schwiegertochter Ilse Pfeffer, geborene Salzmann, gründete im selben Jahr die Manufaktur, die 1942 für immer ihre Türen schloss. Die Firma gehörte zwar nie zu den Vorreitern ihrer Zunft, aber sie nahm die stilistischen Neuheiten und Trends wahr und setzte sie auf ihre Weise um. Vom Jugendstil um 1900 bis hin zu einer Variante des Art Déco, dem „Zackenstil“.

Für die Porzellanmanufaktur Pfeffer gab es kein Tier, das sich nicht herstellen ließ. Von exotischen Tieren bis zur heimischen Vogelwelt, das Repertoire glich einem Zoo. Die feine Ausarbeitung von Fell oder Gefieder zeugt von der Qualität der Manufaktur. Neben den Neuzugängen werden Figuren und Gefäße aus dem Sammlungsbestand gezeigt. Das Haus ist weiterhin bestrebt, die Sammlung von Pfeffer-Porzellanen zu erweitern und zu bewahren.

Nadja Naumann lebt und arbeitet im mitteldeutschen Raum als freie Journalistin.

Beflügelndes Fieber. Jugendstil im Grassi
bis zum 6.10.2024
GRASSI Museum für Angewandte Kunst
Grassimuseum
Johannisplatz 5-11
D-04103 Leipzig
Tel.: +49-341-2229100
Di – So 10 – 18 Uhr, Mi 12 – 20 Uhr
Eintritt: 8 €, erm. 5,50 €
www.grassimak.de

Tierisch modern!? Tierfiguren und Gefäße der Porzellanmanufaktur Pfeffer Gotha
bis zum 21.4.2024
Schloss Friedenstein
Schlossplatz 1
D-99867 Gotha
Tel.: +49-3621-82340
Di – So 10 – 17 Uhr (März 10 – 16 Uhr)
Eintritt: 8 €, erm. 4 €
www.stiftung-friedenstein.de

Text: Nadja Naumann
Bild: GRASSI Museum für Angewandte Kunst
Erstveröffentlichung in kunst:art 95