Á la recherche de Vera Molnár
Eine Ausstellung im Museum Ludwig Budapest und ab August in Linz
Vera Molnár wäre im Januar 100 Jahre alt geworden. Geboren in Budapest lebte sie seit 1947 bis zu ihrem Tod am 7. Dezember 2023 in Paris. Dort wurde sie als französische Künstlerin ungarischer Herkunft berühmt. Die am 10. Februar im Budapester Ludwig Museum eröffnete Ausstellung „Á la recherche de Vera Molnár“ zeigt selbstverständlich einen Querschnitt aus dem Œuvre der Pionierin der Computerkunst. Darüber hinaus werden aber auch Werke anderer Künstlerinnen und Künstler gezeigt, die sich mit Vera Molnár beschäftigt und Hommagen an sie geschaffen haben.
Die Budapester Ausstellung wurde in Zusammenarbeit vom Ludwig Museum Budapest mit der Bonner Stiftung für Kunst und Kultur organisiert. Letztere zeichnete auch für die Hommagen an Vera Molnár verantwortlich, die von einem der Stiftung verbundenen Sammler in Auftrag gegeben wurden. Die beteiligten Künstlerinnen und Künstler stammen aus verschiedenen Ländern und Generationen. Ihre Herangehensweise ist komplett unterschiedlich, was die Ausstellung um so spannender macht. Da Vera Molnár selbst einige ihrer Werkreihen als Hommagen für verschiedene Künstler genannt hat (beispielsweise „Á la recherche de Paul Klee“), ist es nur folgerichtig, dass nun ihr wiederum Werke gewidmet sind.
Eine der Hommagen stammt von Arno Beck, einem in Bonn lebenden jungen Künstler. 2015 hat Beck seinen MA in der Kunstakademie Düsseldorf als Meisterschüler von Eberhard Havekost gemacht. Seine Kunst ist stark konzeptuell geprägt und beschäftigt sich häufig mit Typografie. So auch seine Arbeit „Thou shalt not make a machine in the likeness of a human mind“ (2024), die sich auf eine besondere Werkreihe von Vera Molnár bezieht, in der diese die Handschrift ihrer Mutter zum Thema macht und mit Plotterzeichnungen nachahmt (Vera Molnár, Lettres de ma mére). Arno Beck geht es bei seiner Hommage und die Frage der Autorenschaft bei Werken, die von Mensch und Maschine gemeinsam geschaffen wurden.
Beteiligt ist auch der 1943 geborene US-amerikanische Künstler Mark Wilson, der sich seit den 1970er Jahren mit Computern und deren Verwendung für Kunst beschäftigt. Schon früh lernte er zu programmieren, um die Geräte dazu zu bringen, Kunst zu erschaffen. Seine Werke sind bisweilen streng geometrisch und strukturell, andere wiederrum sind bunt und prall.
Ein weiterer Pionier der Computerkunst ist der 1938 in Stuttgart zur Welt gekommene Frieder Nake. Eigentlich ist er Mathematiker, 1967 promovierte er über die Wahrscheinlichkeitstheorie. Doch parallel beschäftigte er sich bereits seit 1963 mit Computerkunst. Schon 1965 war er an der dritten Computer-Kunst-Ausstellung weltweit beteiligt, die in Stuttgart bei Wendelin Niedlich stattfand. Frieder Nake hielt auch bei der Eröffnung einen Redebeitrag, bei dem er sehr genau die Arbeitsweise von Vera Molnár herausarbeitete.
Mario Klingemann (* 1970) ist über das Programmieren in den 1980er Jahren zur Kunst gekommen. Sein Werk durchzieht die Frage, welche Rolle der Künstler hat, wenn er mit Computern arbeitet. Ist er dann künstlerischer Handwerker am Computer oder, wie er in einem Vortrag zwar nicht wörtlich sagte, aber doch andeutete, Kurator der Ergebnisse, die ein neurales Netzwerk produziert? Nun, natürlich ist Klingemann Künstler und versteht sich auch als solcher. Dennoch hat sich die Rolle des Künstlers geändert, wenn er mit Coding künstlerisch tätig ist. Wo fängt zum Beispiel grafische Arbeit am Computer an zur Kunst zu werden?
Fünfzehn Künstlerinnen, Künstler und Gruppen haben sich an dieser Ausstellung zu Ehren von Vera Molnár beteiligt, die unter den Computerkünstlern einen besonderen Rang hat. Es war verblüffend und erfreulich, wie lebendig und unterschiedlich die Arbeiten geworden sind, die ja gezielt für diese Ausstellung geschaffen wurden. Manche haben sich mit einzelnen Werken Vera Molnárs beschäftigt, andere mit ihren Ideen. Alle aber haben es dabei geschafft, die Balance zwischen Nähe und Entfernung gut zu treffen. Es sind keine Nachahmungen, und doch gehören sie nun im weitesten Sinne dazu: Werke, die in der Beschäftigung mit einer großen Computerkünstlerin Vera Molnár geschaffen wurden.
Beide Teile der Ausstellung an sich sind schon sehenswert, doch durch die Ergänzung um die Hommagen bekommt man eine spannende Zusammenfassung, was heute alles Computerkunst ist und sein kann. Die Ausstellung in Budapest befindet sich in ihrer finalen Phase. Doch zum Glück zieht sie danach weiter nach Linz in Österreich (Francisco Carolinum Linz, ab dem 28. August 2024), so dass sie noch viele sehen können.
Text: Mathias Fritzsche
Bilder 1 – 3: Museum Ludwig Budapest/Artpress
Bild 4: Atelier Verlag KG
A la recherche de Vera Molnár
bis zum 14.4.2024
Museum Ludwig Budapest
Di – So 10 – 20 Uhr
Eintritt: 2.400 Ft
www.ludwigmuseum.hu
A la recherche de Vera Molnár
ab dem 28.8.2024
Francisco Carolinum Linz
Di – So 10 – 18 Uhr
Eintritt: 6,50 €, erm 3 €
www.ooekultur.at