Rodney McMillian Retrospektive im Marta Herford

16.3. – 16.6.2024 | Marta Herford

Rodney McMillian, Icarus' Ass, 2003

Amerikanische Dystopie

Die Überblicksausstellung „The Land: Not Without a Politic“ des US-amerikanischen Künstlers Rodney McMillian (* 1969, lebt in Los Angeles) zeigt erstmals in Europa die gesamten Werkphasen des gesellschafts- und institutionskritischen Konzeptkünstlers. In der Tradition des amerikanischen Abstrakten Expressionismus und des sozialkritischen Postminimalismus hat McMillian ein vielschichtiges sowie thematisch und formal stringentes Werk entwickelt, das unter dem Einfluss seiner Lehrer Charles Gaines, Michael Asher und Sam Durant steht und McMillian zu einem bedeutenden Künstler seiner Generation macht.

Nach den Ausstellungen im Studio Museum Harlem, dem MoMA PS.1 und dem ICA Philadelphia zeigt nun das Marta Herford McMillian umfassend. Mehr als zwanzig Jahre hat der Künstler ein vielschichtiges, aber thematisch und formal stringentes Œuvre entwickelt, das aufzeigt, was es bedeutet, heute als Schwarzer in den Vereinigten Staaten zu leben. In der Tradition des amerikanischen Abstrakten Expressionismus sowie des sozialkritischen Post-Minimalismus liefert er Antworten. Es ist ein einzigartiges Werk und umfasst sämtliche Medien wie Malerei, Skulptur, Installation, Video-, Performance- und Soundarbeit.

Die Besucher begegnen dabei seiner Betrachtung über das soziale Gefüge der Vereinigten Staaten, das aus seiner Sicht von Kategorisierung nach Klasse, wirtschaftlichem Status, Race, Gender und Tradition durchsetzt ist. Seine Videos und Performances zeichnen dabei die historischen Zusammenhänge nach, unter denen Gesetze geschaffen wurden, die bis heute zu einer tiefgreifend verwurzelten Diskriminierung Schwarzer Bürger führen.

Dies alles steht im Diskurs zu monumentalen Werken wie seine mit Vinylfolien und Bettlaken vernähten und mit Farbe übergossenen großformatigen Leinwände. Die teils raumgreifenden Gemälde erinnern an Dioramenhintergründe und den Bildtopos der nordamerikanischen Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts, in denen die Herrschaft und Dominanz der europäischen Siedler über das Land thematisiert werden.

In anderen Werken hingegen „flickt“ er die vorgefundenen Elemente auf grobe, augenscheinliche Weise und setzt sie teilweise neu zusammen, übermalt oder manipuliert sie anderweitig. So besteht „Untitled (flag painting)“ (2007) beispielsweise aus zusammengesetzten roten Textilien, deren monochrome Fläche von tropfenden, horizontalen weißen Streifen durchbrochen wird und so eine Analogie zum Stars and Stripes Banner der USA bildet. Subtiler Kommentar über den Zustand seines Landes an der Unterseite mit einem hängenden sackartigen Gebilde wie ein tumorähnliches Geschwulst vom Künstler inklusive.

Häufig nutzt McMillian Produkte, die von der amerikanischen Konsumkultur als wertlos, unbrauchbar und minderwertig abgestoßen werden, wie etwa ausrangierte Matratzen, Möbel, Reste von Baumaterialien oder Wandfarbe, die der Künstler auf den Straßen von Los Angeles findet, in Secondhand-Läden kauft und seiner Kunst als Versatzstücke einer Schwarzen Lebenswirklichkeit in den USA beimischt. Sehr sehenswert.

Sebastian C. Strenger studierte Kunstgeschichte bei Max Imdahl sowie Wirtschaft und Jura an der Ruhr-Universität in Bochum.

Rodney McMillian. The Land: Not Without a Politic
16.3. – 16.6.2024
Marta Herford
Goebenstr. 2–10
D-32052 Herford
Tel.: +49-5221-9944300
Di – So 11 – 18 Uhr, Mi 11 – 20 Uhr
Eintritt: 10 €, erm. 5,50 €
www.marta-herford.de

Text: Sebastian C. Strenger
Bild: Marta Herford
Erstveröffentlichung in kunst:art 96