
Me, Myself and Many
„Was ist mein wahres Selbst? Was macht mein digitales Leben mit meinem realen?“ Solche und ähnliche Fragen stellt sich die Künstlerin Zohar Fraiman aus Berlin. Und formuliert sie in knallbunten Bildern, die wohl zeitgemäßer nicht sein könnten. Eine ganze Reihe davon zeigt die 1987 in Jerusalem geborene Malerin jetzt in ihrer Einzelausstellung „Meme Me“ im Haus am Lützowplatz in Berlin. In mutigen Farben und waghalsigen Montagen versammelt sie immer mehrere Persönlichkeiten, selbst wenn nur eine Figur zu sehen ist. Denn ihre Protagonistinnen sind doppel- oder mehrgesichtig: Manchmal poppt neben einem perfekt geschminkten Selfie-Antlitz ein Pendant aus Comic oder Kunstgeschichte hoch. Auf diese Weise wird sogar das digitale Ich der Venus von Botticelli imaginiert.
Überhaupt bezieht sich Fraiman oft auf Gemälde alter Meister, übernimmt neben Figuren auch Kompositionen. Darüber hinaus dienen ihr Szenen aus Filmstills oder Werbung als Setting für die Bilder, in denen sie durch das Neben- und Überblenden von Köpfen und Körpern auch die Bewegungsabläufe und Inhaltswechsel beim Swipen des Smartphones nachvollzieht. Eindrucksvoll führt sie auf diese Weise den verstörend anstrengenden Spagat zwischen öffentlicher Darstellung und privatem Dasein vor Augen, den viele Digital Natives täglich vollziehen. Und fügt den hydraartigen Wesen auf ihren Leinwänden ganz nebenbei noch ihre Identität als Künstlerin hinzu.
Zohar Fraiman. Meme Me
18.5. – 21.7.2024
Haus am Lützowplatz
Lützowplatz 9
D-10785 Berlin
Tel.: +49-30-2613805
Di – So 11 – 18 Uhr
Eintritt frei
www.hal-berlin.de
Text: Dr. Julia Behrens
Bild: Haus am Lützowplatz
Erstveröffentlichung in kunst:art 97